Paul Simon: Los Angeles, Great Western Forum


Der 1 Meter 60 kleine Jude aus New Yorks Mittelklasse-Vorort Queens hatte die 15.000 Angelenos, die normalerweise ziemlich zurückhaltend reagieren, schon mit den ersten beiden Songs – „Born At The Right Time“ und „Boy In The Bubble“ – auf den Beinen. Das war nun wirklich kein leichtes Unterfangen, denn wer gekommen war, um Paulchen zu erleben, gehörte nicht gerade zur unterprivilegierten Schicht. Das einzige T-Shirt in der Masse trug Schauspieler William Hurt, der in der dritten Reihe saß, ansonsten war durchaus feinere Garderobe angesagt. Das Ticket kostete 25, ein T-Shirt 20, das Programmheft 15 Dollar. Kein Wunder, daß American Express die Tour sponsort.

Zweieinhalb Stunden brauchte Simon für 23 Songs – nicht schlecht für einen Veteranen. Für den richtigen Stoff sorgten hauptsächlich seine 15 Musiker, darunter je ein Gitarrist aus Kamerun, Botswana und Südafrika plus zwei Mädchen mit Haaren, die für die ganze Band reichten. Die Dampfmaschine der Truppe war jedoch die fünf Mann starke Percussion-Gruppe aus Brasilien, die dir die Schuhe auszieht. Wenn diese Rhythmus-Abteilung loslegt, ist Karneval in Rio angesagt. Paul Simon ließ sich von diesen Könnern gerne unterstützen. Er weiß genau, daß er nicht der Welt größter Sänger ist.

Die Songs seines Klassikers Graceland waren die wirklichen Hits der Show. Schon mit den ersten „Graceland“-Akkorden schwang das gesamte Forum das Tanzbein. Und hei „You Can Call Me Al“ wurden die Stühle endgültig hochgeklappt. So richtig nostalgisch wurde Simon gottseidank nie. Seinen Oldie „Bridge Over Troubled Water“ brachte er in einer knackigen Reggae-Version, und bei „Boxer“, der zweiten Zugabe, riß der Mann aus Kamerun ein Country-Riff rein, daß die Rednecks doch glatt ihren Kautabak verschluckten.

Aber Paul beging nicht den Fehler, den Yuppies im Publikum die Nostalgie zu versüssen. Mehr als die Hälfte der Songs kamen von seinem neuen Album, und die Energie wie auch die unglaubliche Präzision, mit der er diese Songs präsentierte, machten erst alle Dimensionen des Albums Rhythm Of The Saints richtig transparent. Nach dem Percussion-Solo der fünf Brasilianer in „Obvious Child“ gab es denn auch minutenlangen verdienten Beifall.

Es war eines der sensationellsten Konzerte der vergangenen Jahre – so viel ist sicher. Mit diesem Abend seiner „Born At The Right Time“-Tournee setzte sich Paul Simon selbst ein Denkmal.

Nach „Sounds Of Silence“, der dritten Zugabe, kam er noch mal auf die Bühne, machte einen anständigen Diener und sagte brav „dankeschön“. Wir haben zu danken.