Alicia Keys – As I Am

Überengagiert: Eine neue Personality-Show des virtuosesten aller Neo-Soul Starlets.

Was macht man, wenn man wie Alicia Keys 20 Millionen Platten verkauft, neun Grammys eingeheimst und damit schon als Mittzwangerin für das ganze Leben ausgesorgt hat? Sich erst einmal eine Pause gönnen zum Beispiel. Vierjahre sind seit der Veröffentlichung ihres letzten Studioalbums ins Land gegangen. Sorgen machen musste sie sich deshalb nicht. Keys schreibt ihre Songs schon einmal selbst, spielt Piano und hat eine prima Stimme. Damit übersteht man schon einmal Trends und die erste Euphorie. Es überrascht daher auch nicht,wenn man hier wieder auf eine Person stößt, die in erster Linie auf eigene Kräfte vertraut. Die Freiheit darf sie sich nehmen. Nur hat sie sich dieses Mal zu viel davon genommen. Von Anfang bis Ende schreit ihre Stimme den Hörer an, verzweifelt von der Begierde getrieben, for real, erdig und kraftvoll sein zu wollen. Die Single „No One“ ist da ein guter Indikator; alles an ihr klingt angestrengt, der Gesang, das Arrangement und die hymnische Hookline. Wenn Alicia Keys auf Ballade umschaltet, taucht unweigerlich das Schreckgespenst Whitney Houston auf. Manchmal hat man auch das Gefühl,der 27-jährigen genüge es, anämischen Soul-Pop für die oberen Zehntausend abzuliefern. Ihren Erneuerungsanspruch hat sie scheinbar aufgeben. Nur wenige Beats lehnen sich vordergründig am HipHop an, in der Mehrzahl wird auf die Ästhetik der alten Schule Wert gelegt. Zumindest während der zweiten Hälfte des Albums gibt es aber Passables zu bestaunen. In „Wreckless Love“ und „Teenage Love Affair“ wirkt sich die Benutzung von echtem Schlagzeug und akustischen Instrumenten positiv aus. „Where Do We Go From Here“ könnte trotz ausbleibendem Tanztempos glatt aus der Motown-Ära der 60-er stammen. Davon hätte man mehr gebrauchen können. Doch so, wie man es hier hört, klingt es eine Spur zu gewollt reif und ernst und dadurch weniger aufregend, als man es erhofft hatte.

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