Daphni

Jiaolong

Jiaolong/City Slang/Universal 12. 10.

Afro-Funk-House: Die Musik von Dan Snaith als Caribou wurde immer tanzbarer. Um aber endgültig den Club zu bedienen, musste ein neuer Name her.

Es ist ja nicht so, als hätten wir zu der Musik des irgendwie immer gut gelaunten Dan Snaith nicht schon vorher getanzt. 2010, als bei den geneigten Indie-Hörern ein Rückgang der allergischen Symptome gegenüber elektronischer Musik zu verzeichnen war und mithilfe der Platten von Four Tet und Pantha du Prince die Scheuklappen abgelegt wurden, fand auch Swim von Caribou seinen Platz in den WG-Küchen der Republik. Die Hüften in den Clubs wurden zu den gleichermaßen griffigen wie groovenden Crossover-Hits „ Odessa“ und „Sun“ geschüttelt.

Ein kleiner Sprung von der psychedelischen Folktronica des Vorgänger-Albums Andorra war schon damals festzustellen. Den Gedanken des Dancefloors, die Magie, die er ausstrahlt und die Geschichten, die er schreibt, fand Dan Snaith auf Swim aber immer noch nicht. Er experimentierte, er remixte, er editierte. Er nannte sich Daphni, gründete sein eigenes Label Jiaolong, zerschnibbelte uralte afrikanische Funk-Musik und Disco-Klassiker, ließ den Beat gerade sein, drehte am Bass und simplifizierte seine Musik, ohne auch nur im Geringsten seine Handschrift unkenntlich zu machen. Sein Auftrag: Die Momente schaffen, für die man eigentlich in Clubs geht. Um überrascht zu werden. Um Samplefetzen mit dem Telefon aufzunehmen,  damit man am nächsten Morgen nach der Quelle suchen kann. Um Tanzmusik aus der reinen Funktionalität herauszuholen. Das, was ein normales Caribou-Konzert nicht kann, weil die Setlists so oder so keinen großen Spielraum für Variationen haben.

Jetzt, nachdem die Probezeit beendet ist, schickt Dan Snaith ein Album ins Rennen. Wobei, das müssen wir dann doch anmerken, der Begriff „Album“ mit Gänsefüßchen versehen werden muss – zumindest für die pingeligsten unter den Musikhörern. Jialong funktioniert nämlich ähnlich wie die kürzlich von seinem guten Freund Four Tet veröffentlichte Compilation Pink und versammelt, neben einer Handvoll neuer Tracks, über die letzten Jahre veröffentlichte Vinyl-only-Releases, die man nur dann ergattern konnte, wenn man mit flinken Fingern die Mailorder-Listen vor allen anderen durchgewühlt, oder schmerzresistent den übertriebenen Forderungen auf Discogs nachgegeben hat. Eine schöne Gelegenheit für all jene, Verpasstes nachzuholen, zumal Daphni im Gegensatz zu Four Tet das komplette Paket auch noch auf Vinyl veröffentlicht.

Den Abschnitt Backkatalog eröffnet „Yes, I Know“, das direkt Daphnis größte Stärke zeigt. Das Isolieren und Hervorheben eines Samples. Es wird nicht versteckt, es ist völlig in Ordnung, sofort zu erkennen, was hier gesungen wird. Es geht darum, wie ein 40 Jahre alter Song neu wirken kann: das Siebziger-Funk-Brett „The Segment“ von Buddy Miles, dessen Refrain nach einem mixfreundlichen Intro mit muskelbepackten Synthesizern wiederholt unter dem zurückhaltenden, dabei dennoch immens tanzbaren Beat mit seinen Ellenbogen in die erste Reihe will. Noch weniger Eigenkomposition als Neubearbeitung – deshalb passend mit dem Zusatz „Daphni Mix“ versehen – ist die Version des togolesischen Afro-Beat-Sonderlings „ Ne Yayo“ von Cos-Ber-Zam. „Ye Ye“ ist dann der mit Abstand tanzbarste Caribou, den wir je gehört haben. Ein straighter House-Beat, dessen verschnauftes Vocal-Sample den hektischen Track vorantreibt. Dan Snaith gab zu, dass ihn die Produktion kaum Zeit gekostet hat. Nachdem der Track beim Publikum aber so gut ankam, veröffentlichte Four Tet ihn auf seinem eigenen Label Text.

Selbst wer diese Tracks schon im Plattenregal hat, wird seine Brieftasche für die neuen Stücke hervorholen müssen. „Springs“ würde in jedem aktuellen britischen House-Set eine gute Figur abgeben. Nervös fiepende Synths, tiefer Bass, Anleihen an den schnellen Juke-Sound und eine Bpm-Zahl jenseits seliger Dubstep-Tage. „Pairs“ hingegen ist eine sympathisch spröde Angelegenheit, nur gelenkt von immer präsenten Percussions.

Dan Snaiths Mission ist definitiv gelungen. Seine Tracks überraschen, sie laden zum Tanz ein und klingen immer nach ihm. Spannend bleibt die Frage, inwieweit die neuen Caribou-Songs von seinen Club-Nächten inspiriert werden.

Key Tracks: „Yes, I Know“, „Ye Ye“, „Springs“

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