Ogden’s Nut Gone Flake – Deluxe Edition

Sanctuary/Universal

Innovatives aus dem Londoner East End zwischen Rock, Psychedelia und Pop.

In den nur vier Jahren ihrer Existenz haben The Small Faces eine erstaunliche Wandlungsfähigkeit demonstriert: Infiziert von amerikanischem Rhythm ’n‘ Blues und Soul begannen Bassist Ronnie Lane, Schlagzeuger Kenney Jones, Keyboarder Ian McLagan sowie Ausnahmefrontmann Steve Marriott an Mikrofon und Gitarre 1965 im Swinging London ihre Karriere. Vom globalen Erfolg der British Beat Invasion motiviert führte der Weg für die vier Mod-Prototypen im hypermodischen Carnaby-Street-Look von schwitzigen All-Nighter-Clubs direkt in die Charts. Fünf Alben folgten bis 1968. In einer nahezu vollständigen Werkschau, es fehlt das posthume Autumn Stone, spüren vier Originalalben – die ersten drei in doppelter und das letzte gar in dreifacher Deluxe Edition mit jeder Menge üppigem Zusatzmaterial sowie Mono- und Stereo-Mixen – dem Werdegang einer Band nach, die nach ihrer Trennung in den nicht minder einflussreichen Splitterformationen Faces und Humble Pie mündete. Small Faces präsentiert Aufnahmen aus der Frühzeit um 1965/66, entstanden zum Teil noch mit Ur-Keyboarder Jimmy Winston. Zwischen Soul-Coverversionen wie Sam Cookes „Shake“ und dem dreist von Willie Dixon geklauten „You Need Loving“ überzeugt auch das hitverdächtige, selbstverfasste „What’Cha Gonna Do About It“. Charthits (unter anderem „Sha La La Lee“, „Hey Girl“, „My Minds Eye“ und „All Or Nothing“) sowie einige Archivnovitäten enthält das im Juni 1967 veröffentlichte From The Beginning. Doch da war der Vertrag mit dem Decca-Label und Manager Don Arden schon Geschichte. Noch im selben Monat wurde die abermals Small Faces betitelte aktuelle Produktion für Stones-Manager Andrews „Loog“ Oldhams Label Immediate veröffentlicht. Ganz im Zeitgeist klingen hier die LSD-Hymne „Green Circles“, die East-End-Vaudeville-Impression „All Our Yesterdays“ und die handwerklich außerordentlich patenten Singles „Here Come The Nice“, „Itchycoo Park“ und „Tin Soldier“. Im runden Cover, das einer Tabaksdose nachempfunden wurde, erschien 1968 Ogden’s Nut Gone Flake, eine absolute Psychedelikatesse der britischen Flower-Power-Hippy-Dippy-Trippy-Groovy-Periode. Ein Konzeptwerk mit jeder Menge Klangeffekte und einer von Komiker Stanley Unwin in kaum verständlichem Cockney-Englisch erzählten Geschichte um einen Jungen namens Happiness Stan, der sich auf die Suche nach der dunklen Seite des Mondes macht. Vom Titelsong über den Brit-Soul von „Afterglow (Of Your Love)“ bis hin zur im tiefsten Londoner Gossenslang verfassten Ich-hasse-meinen-Nachbarn-Hymne „Lazy Sunday“ ein grandioses Album, ein Meilenstein!

David Sylvian

A Victim Of Stars 1982-2012