Frank Zappa :: Over-nite Sensation / Apostrophe

Das Making-Of zweier legendärer Alben: Zappa für Fortgeschrittene.

Mit Zappas Musik ist das ja so eine Sache: Man liebt sie oder man kann so gar nichts mit ihr anfangen. Liebende berufen sich dabei gerne auf seine zynischen Texte, auf seine komplexen Songs, auf das manchmal fast erschreckend hohe Niveau seiner Musiker. Wer nichts mit Zappa anfangen kann, der begründet das meist mit der Einschätzung, seine Musik sei „anstrengend“. Das kann sie zweifellos sein, obwohl „fordernd“ wohl besser passt. Und fordern lassen sich Konsumenten eben nur ungern. Leichtverdauliches und Vorhersehbares gilt bekanntlich als unterhaltsamer. Das war schon immer so, wird immer so sein und lohnt nicht der Aufregung. Ausgehend von Zappas einzigem Single-Hit „Bobby Brown“, hat so mancher Albumkäufer seine Kühnheit womöglich bereut. In den USA kam noch erschwerend hinzu, dass man dort Texte, die etwa von der „applied rotation in her sugarplum“ handeln oder gönnerhaft „I promise I won’t come in your mouth“ verkünden, bis heute für unerträglich hält. Und ja: Gefühlte 95 Prozent der Zappa-Texte handeln von Sex. Und zwar so drastisch, dass daneben noch so böse HipHop-Buben wie kleine Wichtigtuer wirken. Wer das dann für politisch inkorrekt hält, der hat nicht richtig zugehört: Zappa nahm genau jene Prahlereien und Herrenwitze aufs Korn, die Verklemmungen und Scheinheiligkeiten seiner Landsleute waren das Thema, nicht die tumbe Zurschaustellung eigener Manneskraft. Anfang der siebziger Jahre traf das offenbar selbst den Geschmack manch aufgeklärter US-Bürger, die Alben Over-nite Sensation und Apostrophe (‚) von 1973 respektive 1974 zählen bis heute zu Zappas kommerziell erfolgreichsten – Letzteres knackte gar die US-Top-Ten. Der Zeitgeist mag dabei eine Rolle gespielt haben, zudem gelten beide Werke als verhältnismäßig zugänglich: keine sperrigen Improvisationen, orchestralen Experimente und wahnsinnigen Arrangements, sondern relativ kompakte, vom Jazzrock inspirierte Songs, atembraubend pointiert eingespielt und textlich voller Schärfe und absurdem Witz: „Watch out where the huskies go, and don’t eat the yellow snow“. Die DVD aus der Reihe „Classic Albums“ dokumentiert auf 98 Minuten nicht nur deren Zustandekommen, sondern bemüht sich redlich, Zappas damalige Welt mittels Interviews, Live-Ausschnitten und Archivmaterial zum Leben zu erwecken. In der Bonusabteilung steht gar ein Gang in Zappas sagenumwobenes Kellerstudio auf dem Programm. Für Fans gewiss ein eindrucksvolles Erlebnis, für Neugierige jedoch nicht gerade der perfekte Einstieg ins Zappa-Universum. Die sollten erst einmal seine Musik hören und seine Texte lesen, Over-nite Sensation etwa. Oder Apostrophe(‚).

www.zappa.com