Frank Zappa – Tinseltown Rebellion
Grace Slick, damals noch bei Jefferson Airplane, sagte einmal über Frank Zappa: „Er ist das intelligenteste Arschloch, das ich je getroffen habe.“ Mit seiner Live-Doppel-LP TINSEL TOWN REBELLION macht ach ausgerechnet Zappa selbst daran, darzulegen, was Grace Slick wohl gemeint haben könnte. Denn daß Frank Zappa hochintelligent ist, wird auch jetzt wohl niemand bezweifeln. Auf das andere Attribut müssen wir jedoch im Folgenden erst noch kommen.
TINSEL TOWN REBELLION legt nämlich den Verdacht nahe, daß Zappa auf einmal nicht mehr so recht weiß, wohin mit seiner Intelligenz. Er scheint fast denselben Fehler zu machen, den vor ihm allzu viele Musiker, nicht nur aus der Rock-Szene, begangen haben: sie wählen als Ausdrucksmittel für ihre musikalische Intelligenz die Virtuosität. Hinzu kommen Frank Zappas eindeutig klassischen Ambitionen. Sein Vorbild Edgar Varese hinterließ auch auf TINSEL TOWN überdeutlich Spuren in der Zielsetzung, dem Konzept von manchem Song.
Wer Zappa auf seiner letztjährigen Tournee gesehen hat, der wird sicher ähnlich wie ich zweieinhalb Stunden gebannt gelauscht haben, gepackt vom meisterlichen Zusammenspielen dieser in jeder Hinsicht perfekten Musiker. Ohne den visuellen Eindruck dabei läßt sich die Faszination jedoch schwer aufrecht erhalten. Langeweile macht sich breit, vor allem am Ende der rund hundert Minuten der Do-LP.
Sicher werden mir einige semiprofessionelle Zappaologen (halb zu recht) vorhalten, daß mir der Zauber irgendeines besonders vertrackten und ironisch angelegten Zitats von XY im soundsovielten Takt des Stückes Z versäumt habe – mit steht halt nicht der Sinn nach Taktezählen, Akzentsuche und Analyse von Triolenfigurationen in irgendwelchen Synthielinien. Ähnlich überflüssig finde ich Zappas altmodische Gitarrensoli; von denen gibt’s hier reichlich und selten finden sie ein gnädiges Ende. Hier wird nicht ein Stück durch ein gelungenes Solo bereichert, hier spielt sich einfach ein Instmmentalist in den Vordergrund. Zappas Liebe zu Ausschweifungen tragt nicht immer süße Früchte: das Synthie-Solo im zehnminütigen „Easy Meat“ klingt verdächtig nach den Mustern des frühen Keith Emerson oder (noch schlimmer:) nach Rick van der Linden. Klassiker wie „Brown Shoes Don’t Make It“ werden plötzlich umarrangiert zu monströsen Bombastwerken. Und die Live-Version von „Peaches And Regalo“ (hier: „Peaches HI“) aus dem Fillmore East ist noch immer ungeschlagen.
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