Funk/Soul
Neues aus dem Atlanta Artists-Stall: Larry Blackmon, Cameo-Oberhaupt, produzierte das Nachwuchsquartett Cashflow (Atlanta Artists 826 028-1) und mischt dabei kräftig Trademarks auf, die wir schon von seinem eigenen Clan kennen und lieben — polternde Moog-Bässe, strenge Drumcomputer-Vorlagen, kernige Rap-Einlagen und eine Finesse im Synth-Programm, der momentan nicht allzu viele das Wasser reichen können. Sänger Kary Hubbert erweist sich nicht gerade als großer Balladier („Reach Out“), dafür ist er bei hochwertiger Dancefloor-Ware a la „Party Freak“, „Mine All Mine“ oder „Spending Money“ prächtig aufgehoben. Vielversprechend und weit davon entfernt, als bloßes Cameo-Abziehbild dazustehen. (5)
Mit einem respektablen 84er-Comeback aus langjähriger Versenkung wieder aufgetaucht, können The Controllers nun mit STAY (WEA 252955-1) beruhigt in die Zukunft blicken. An der sauberen Vokalarbeit der vier schon etwas älteren Herren gibt’s erwartungsgemäß nichts zu deuteln, insbesondere mit den Harmonie-Bällen wissen sie gar prächtig zu spielen.
Zu bemängeln ist allenfalls, daß einige Vorlagen allzu offensichtlich geplündert werden. Marvin mußte wieder mal dran glauben: „Break Out The Love“ ist „Sexualing Healing, Pt.2“, hübsch anzuhören natürlich, aber muß das sein? Besser stecken sie ihr Terrain mit dem Titelstück ab, einem gemählich driftenden Midtempo-Beater, und auch das bläserforcierte „My Secret Fantasy“ und der ansteckende „Got A Thang“-Groove lohnen mehrere Durchgänge. (4)
Schon nicht mehr ganz taufrisch, aber für ein neues Werk von Stephanie Mills sollte eigentlich immer ein wenig Platz und Zeit zur Verfügung stehen. Ihr wiederum größtenteils von George Duke betreuter MCA-Einstand – STEPHANIE MILLS (MCA-5669) — erreicht leider nicht ganz das Niveau des famosen J’ve Got The Cure“-Vorgängers. Abgesehen von indiskutablen Rock-Riffs („Under Pressure“), wird ihr gewaltiger Vokal-Groll zu oft an durchschnittliches Material und ebensolche Arrangements verschenkt.
Langsam wird’s unheimlich: Kaum ein Monat vergeht, ohne daß ihre Namen auf irgendeinem Cover gewürdigt werden, und trotzdem scheint der Zeitpunkt, wo Jimmy Jam & Terry Lewis den kreativen Notstand ausrufen müssen, noch in weiter Ferne. Neuestes Indiz: SANDS OF TIME von der S.O.S.-Band (CBS 26863). Seine Atlanta-Stammklienten hat der Minneapolis-Mob wieder mit jenem drahtigen Dancefloor-Stoff versorgt, ohne den jede bessere Party undenkbar erscheint. (4)
Das schnittige, von Philly-Chefkoch Nick Martinelli produzierte „Stand Back“ und Dukes drängende „Automatic Passion“ kommen Stephanie ganz passabel entgegen. Einsames Highlight aber: „I’ve Learned To Respect The Power Of Love“, ein weiteres Juwel aus dem Hause Moore & Winbush alias Rene & Angela. Knapp (4)
MONEY ISN’T EVERYTHING (A&M SP 5111) weiß Michael Jonzun und schielt auf dem Cover zu einer nur mit Dollarnoten spärlich bekleideten Schönheit hinüber, die glatt als jüngere Schwester der momentanen J.R.-Flamme Mandy in Dallas Karriere machen könnte. Ansonsten scheint der Mann aus Boston von allen guten Geistern verlassen: Sein A&M-Debüt klingt wie alles mögliche — nur nicht wie er selbst. Nieten wie „The World Is A Battlefield“ (will er etwa Pat Benatar Konkurrenz machen?) oder „Lover’s Lane“, garniert mit sämtlichen Klischees, die es heute braucht, um auch jenseits der Soul-Charts Karriere zu machen, hätte ich Jonzun kaum zugetraut. Erschreckend durchschnittlich und austauschbar — ein Mann hat die Orientierung verloren. (2)
Nicht viel besser scheint es Rick James zu ergehen. Bevor er selbst versucht, sein GLOW-Desaster wettzumachen, schickt Slick Rick, als Executive Producer. ein weiteres Satelliten-Projekt ins Rennen. Val Young präsentiert sich auf SEDUCTION (GORD-Y ZL 72387) als lauwarme Verführerin, die aber trotzdem, weil ihre Stimmbänder mehr als ein Konkubinen-Dasein hergeben, besseres Material verdient gehabt hätte. Statt dessen: Standard-Synth-Programme, Rock-Riffs und kreischende Solo-Aktivitäten. Am ehesten konsumierbar ist noch das Titelstück, wo der Meister gar zu einer Vokal-Einlage aufläuft. (2)
Genug der irdischen Unzulänglichkeiten, kommen wir zur Erbauungsabteilung. Nach den Winans und Steve Arrington schickt sich nun eine junge Dame an, die frohe Botschaft zu verkünden, ohne dabei grundlegende motorische Bedürfnisse aus dem Auge zu verlieren: Tramaine bietet auf THE SEARCH IS OVER (A&M SP 6-5110) fast alles, was man von einer modernisierten Gospel-Variante erwarten kann — abwechslungsreiche Arrangements (hier ein Trompeten-Intro, da ein hübscher Hammond-Ausflug), eine unbändige Groove-Maschinerie, eine geschmackvolle Produktion. Und wenn sich Tramaine im Call & Response mit einem mächtigen Chor übt. und einem die Gebetbuch-Essentials nur so um die Ohren fliegen, wird jeder Widerstand zwecklos. (5)
Maxi-Mix! Mr. Teddy Bear ist wieder da — und wie: „Take A Piece Of Me“ von Booker Newberry (Omni 0-96820) gehört zweifellos zu den Highlights in diesem Monat. Über einem infektiösen Groove, getrieben von einem Damen-Chor, der unablässig das Thema forciert, kommt unser Mann mit der herrisch-erhabenen Stimme hier derart in Stimmung, daß er sich sogar zu einer kurzen Seat-Einlage hinreißen läßt. Eine von den Platten, die immer wieder viel zu schnell in die Auslaufrille geraten. (5)
Was man von Glenn Jones und „Talk Me Into It“ (RCA PW-14328) nicht unbedingt behaupten kann. Preisfrage: Welcher Zutaten bedarf es. um heutzutage in einem x-beliebigen Soundtrack zu landen? Ihr habt die Antwort parat? O.K., dann wißt Ihr auch ungefähr, wie sich diese Platte anhört. Daß sie trotzdem hörenswert ist, sagt einiges über Jones‘ Vokal-Kapazität, die hier leider mal wieder nicht den gebührenden Rahmen vorfindet. (3)
Jocelyn Brown hatte in der Vergangenheit immense Schwierigkeiten, auch nur annähernd an ihren „Somebody Eise’s Guy“-Smash anzuknüpfen. Jeüybean Benitez schneidert ihr jetzt mit „Love’s Gonna Get You“ (WB-020383) einen lebhaften Dance-Cut, der ihrer machtvollen Stimme genügend Entfaltungsmöglichkeiten bietet. (4)
(Alle Importe bezogen über TSR, Wiesenstr. 31, 6054 Rodgau 2, 06/06′ 2051-55)
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