Die Spannung wächst, die Spannung steigt, Herr Lennon nun schon fünf Jahre schweigt – jetzt hat er es gebrochen. Warum auch nicht? Er ist 40 und im besten Mannesalter und was er die fünf schweigsamen Jahre über gemacht hat, das erfahren wir jetzt auf DOUBLE FANTASY. Er hat Yoko Ono geliebt und sie hat ihn geliebt und beide ihren Sohn Sean. Und tun es immer noch, allerdings nicht mehr zurückgezogen, sondern auf Vinyl, in aller Öffentlichkeit sozusagen. Kann man sowas kritisieren? Ist das ein Thema für Plattenrezensenten? Den ganz Coolen mag das alles zu naiv und menschlich sein, aber beeindruckend ist so eine Demonstration persönlichen Glücks doch.

Die Liebeserklärungen sind absolut gleichberechtigt aufgeteilt, sieben von John, sieben von Yoko, klugerweise so verteilt, daß man nicht auf die Idee kommt, nur eine Seite zu hören. Denn erwartungsgemäß ist John musikalisch einfach und lustvoll zu genießen, bei Yoko muß man schon ein wenig Sinn fürs Bizarre mitbringen. Der ist allerdings dank New-Wave ja inzwischen angewachsen. Sehr schrille Töne schrecken heute keinen mehr so schnell. John singt immer noch gern etwas angerockt und lässig, seinen Zynismus hat er längst gegen freundliche Zärtlichkeit getauscht. Wenn er „(Just Like) Starting Over“ singt, nimmt man ihm die Begeisterung ab und Bekenntnisse wie „I’m Losing You“, „Woman“ oder „Dear Yoko“ sind nicht peinlich. Der Mann ist zufrieden, glücklich und ausgeglichen, und das merkt man seiner Musik an. Auch Söhnchen Sean profitierl davon „Beauliful Boy (Darling Boy)“. Yoko gibt sieh immer noch ganz gern etwas frivol und dekadent. Disco-Küßchen mit „Kiss, Kiss, Kiss“, nicht ganz jugendfrei, weibliche Lust „Give Me Something“. ganz lustig das Geburtstagsständchen „I’m Your Angel“ im Stil eines 20er Jahre-Schlagers und – sehr optimistisch „Hard Times Are Over“ – im Duett vorgetragen. Daß Yoko falsch singt – wen stört’s? sie hat es schon immer getan. Trotzdem, DOUBLE FANTASY ist kein so banales „I love you – you love me“-Album, es ist angenehm unprätentiös.