Manic Street Preachers :: National Treasures – The Complete Singles

Columbia/Sony Music

Rock: Hits und solche, die es werden sollten: Die walisische Band feiert ihr 25-jähriges Bestehen.

Alle feierten ausgelassen auf Feldern oder in unbenutzten Lagerhallen in weiten Hosen, bis der Arzt kam. Und was machte Wales? Brachte vier Musiker hervor, die gleich in ihrer ersten Single „Motown Junk“ eine Revolution und die Zerstörung des Rock’n’Roll ankündigten. Ein Sänger mit einer Stimme wie Pete Wylie, ein tragischer Held als Gitarrist, ein feminin wirkender Bassist in Übergröße und ein unscheinbarer Schlagzeuger. Natürlich war man sofort Feuer und Flamme, weil hier viel zusammenkam, was in der Vergangenheit Spaß machte: Die Dreistigkeit der Sex Pistols, der Glamour der New York Dolls, die Dummheiten von Guns N‘ Roses und der politische Zündstoff von Public Enemy. Alles sah nach einem Attentat für den Augenblick aus, doch mit „Motorcycle Emptiness“ verstummten Gerüchte, nach denen es doch wieder bloß um Stil und nicht um Inhalt gehe. Die Mischung aus Pop-Präzision mit hymnischem Beiwerk und tiefgründigen Aussagen – sie sollte die Manics und uns nicht mehr loslassen. Es ging aber auch düsterer. In „La Tristesse Durera (Scream To A Sigh)“ und „Faster“ spürte man, wie sich die Stimmung von Richey Edwards verfinsterte. Nach dessen Verschwinden sprachen sich die drei verbliebenen Mitglieder mit „A Design For Life“ neuen Mut zu. In Deutschland nahm man immer noch nicht groß Notiz davon, aber das änderte sich mit „If You Tolerate This Your Children Will Be Next“, dem einzigen Hit überhaupt, in dem es um den Spanischen Bürgerkrieg geht. Sonst war es in dieser Phase etwas zu gemütlich bei den Manics, was sich von „The Masses Against The Classes“ überhaupt nicht behaupten ließ. Es folgten der Versuch einer Neuerfindung mit elektronischen Mitteln und musikalischen Versatzstücken aus den 80er-Jahren, ein fulminantes Comeback mit Nina Persson und weitere Beweise, dass man bombastisch und herzergreifend zugleich sein kann. Die einzige Zugabe auf der Compilation ist ein Song von Matt Johnson. „This is the day your life will surely change“, singt James Dean Bradfield. Ob sich wirklich was verändert? Die Band will erst mal durchschnaufen und überlegen, ob sie noch mal 25 Jahre in Angriff nimmt. Schön wär’s.