Miles Davis :: Siesta
Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen hat Miles den Unterschied zwischen einer Platte und einem Konzert erkannt. Sieht man ihn live, erlebt man eine der heißesten Bands dieses Planeten, drei Stunden Feuer ohne Ende. Aber die komprimierte Zeitspanne einer Platte stellt eben andere Ansprüche an einen Musiker. Obwohl SIESTA gänzlich anders klingt, übertrifft sie das 1986 mit TUTU erreichte Niveau.
Wieder einmal teilt Davis seinen Platz im Rampenlicht mit Marcus Miller, dem musikalischen Multitalent, der früher Bassist in Davis‘ Band war. Miller schrieb und arrangierte nicht nur Material für SIESTA, sondern spielte praktisch alle Instrumente.
Mit einer Vielzahl von Synthesizern schafft er die konzertante Klangkulisse eines Orchesters und somit ein Ambiente, an dem sich Miles zum erstenmal 1959 auf seinem Klassiker SKET-CHES OF SPAIN versuchte. So entsteht eine fast neo-spanische Klangwelt, die nur kurz durch unerwartete Funk-Einlagen und hypermodernes, metallisches Soundsampling unterbrochen wird.
Nichtsdestotrotz ist die Atmosphäre dieser Platte letztlich poetische Melancholie. Und Miles‘ Trompete schwelgt in bittersüßem Romantizismus. Mit 61 ist er so überraschend und erstaunlich wie eh und je.
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