Just als der Punkrock in exakt jenen Posen und Phrasen zu verläppern drohte, die er einst bekämpft hatte, nahte Rettung. Im Dezember 1979 veröffentlichten The Clash ihr epochales LONDON CALLING-Doppelalbum, zwei Wochen später legte ein Quartett nach, das man von drei fulminanten Singles – dem Kinks-Remake „Stop Your Sobbing“. dem hinreißenden „Kid“ und dem lässigen „Brass In Pocket“ – kannte. Die Pretenders – die Amerikanerin Chrissie Hynde (Gitarre, Gesangl und die drei Engländer James Honeyman Scott IGitarre, Keyboards), Peter Farndon (Bass) sowie Martin Chambers (Drumsl – kamen daher wie eine ultrastylishe Straßengang, aber vor allem hielten sie mit ihrem Debüt pretenders 5 all jene Versprechungen, die sie mit den 45ern (allesamt auf diesem Longplayer vertreten) gegeben hatten. Platz eins im UK und Rang neun in den US-Charts waren der verdiente Lohn für dieses Amalgam aus Fifties-Coolness, klassischem Sechzigerjahre-Songwriting und dem Punk-Spirit der Siebziger, das phasenweise wie die britische Antwort auf die ersten beiden Alben von Tom Petty & The Heartbreakers klang. „Precious“, „Phone Call“, „Private Life“, „Tattoed Love Boys“ und all die anderen Kabinettstückchen aus der Feder von La Hynde klingen heute noch so frisch und mitreißend wie am ersten Tag – und werden jetzt in der Neuauflage geadelt durch eine zweite CD mit Demos, Live-Takes und B-Seiten. Parallel – und gleichermaßen verschwenderisch ausgestattet mit Klappcover, feinem Booklet samt kurzen, aber kompetenten Linernotes und eineinhalb Dutzend Bonustracks – ist nun auch das im August 1981 erschienene Folgewerk pretenders II 4,5 wiederveröffentlicht worden. Nach den Aufnahmen versanken Farndon und Honeyman Scott immer tiefer im Drogensumpf. Beide starben 1982/83 binnen zehn Monaten. Es war das Ende einer fabelhaften Band – auch wenn Chrissie Hynde mit neuen Musikern und unter dem alten Namen weitermachte und auch später, mit „Back On The Chain Gang“ I1982) und dem Albumv VIVA EL AMOR (19991, immer wieder mal aufhorchen ließ.