Schwabinggrad Ballett – Schwabinggrad Ballett
Im Gegensatz zur politischen Linken, deren Einfallsreichtum sich in einem Wahlbündnis von WASG und PDS erschöpft, geht die lose der Hamburger Schule verbundene Poplinke den steinigen Weg der Programmfindung über Irritation, Happening und Experiment. Alles nachhörbar auf den 17 Tracks dieses Albums vom Schwabinggrad Ballett, das irgendwo auf dem weiten Feld zwischen ästhetischen Positionierungen, pfundiger Blasmusik, Klaus-der-Geiger-Folk und dem digitalisierten Liedgut des orchestereigenen Diskurs-Clubs verankert ist. Ein richtiges Album will daraus nicht werden, mehr eine Hinweisplatte, die in viele Zusammenhänge und Aktivitäten reicht. Zu den Mitgliedern des Schwabinggrad Balletts gehören Ted Gaier (Goldene Zitronen], Bernadette Hengst, Ekkehard Ehlers (März, „Childish Music“). Knarf Rellöm, Christoph Twickel, Frank Will (Die Sterne) und mehr als ein Dutzend weiterer Musiker und Darsteller. Wie dezidiert linke Positionen sich in Popmusik manifestieren, konnte man den gut geschnittenen Beiträgen von Scritti Politti und Heaven 17 in den 80ern entnehmen, später dem ausgeschunkelten Folk-Theatervon Chumbawamba, eine deutsche Linie läßt sich vielleicht von Ton Steine Scherben und den Manifestationen der „Sounds -Redaktion der frühen 80er bis zu den Wohlfahrtsausschüssen in den 90ern erkennen. Beim Schwabinggrad Ballett steht die Idee teilweise über der Ausführung, d.h. die Songs/Tracks sprechen eher über als für sich, und wenn der „ICE Bert Brecht“ wie ein ruckelnder Genosse des Art-Bears-Express daherkommt, denk‘ ich, das kenne ich doch besser von den Goldenen Zitronen auf Dead School Hamburg: „Die Überführung der Gebeine des Santo Che im ICE Bert Brecht nach Bad Mogadischu, über Dallas unweit der Landshut, zu der beliebten Melodie, der Titelmelodie aus dem Musical Evita . Einmal singen sie „Ueber den Selbstmord , ein paar Stücke weiter sagen die Schwabinggrader „ja zur modernen Welt“, und das ist eine Coverversion eines alten Stör-Hits der Münchener Freiwilligen Selbstkontrolle. Zwischendurch gibt’s kalten Krautrock („Geliebte Viecher In The Night“), und eine Varieteband spielt „Das Lied der Baumwollpflücker“ von Hanns Eisler. Die Ankündigung im CD-Booklet greift nach den Sternen: „We have come to intervene into your brain“. Ansonsten: Widersprüche, Fragen, das bißchen Subversion. Daß das aber klar ist. Wer nicht denkt, fliegt raus.
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