Slowdive

Slowdive

Dead Oceans/Cargo (VÖ: 05.05.)

The band who wasn’t there materialisiert sich eindeutig auf einer wunderbaren, „vollumfänglichen“ Dreampop- und Shoegaze-Platte.

Das Gelingen eines Comebacks hängt nicht zuletzt davon ab, welchem Genre eine Band zugehörig ist. Bei Funpunk oder Boy-/Girlgroup-Pop zum Beispiel gibt man als faltenwerfender Wiedereinsteiger schnell ein verzweifeltes Bild ab. Mit (Sitz-)Spielarten wie Folk oder Blues lässt sich hingegen sogar noch mit 70 glaubwürdig comebacken. Auch gut geeignet für ein freudig begrüßtes Wir-sind-wieder-da: Genres, bei denen Künstler ohnehin in der Musik verschwinden, idealerweise mitsamt ihren Gesichtern und Stimmen. So wie beim Shoegaze.

Bei der angeblich aus der realen englischen Stadt Reading stammenden Band Slowdive verhält es sich nun allerdings so, dass sich selbst ihre älteren Fans nicht so ganz sicher sind, ob sie jemals richtig existierten. Denn fast all ihre Musik machte aus diesem Umstand umgehend ein Gerücht. So unterschiedlich ihre drei Alben auch waren: Sie klangen alle wie von Geisterwesen draußen im Moor gemacht oder durch schlecht schließende Dimensionstüren gehuscht. Wie kann eine solche Band also wiederkommen?

Konsequenterweise erweckt Slowdive, ihr bewusst „vollumfänglich“ benanntes Comeback-Album, den Eindruck, als wären sie genauso wenig ganz weg gewesen, wie sie jemals richtig da waren. Als hätten sie auf all das, was sich in der Entwicklung des Shoegaze- und Dreampop-Sounds in den letzten 20 Jahren zugetragen hat, feinsten Slowdive-Staub rieseln lassen. Slowdive klingt nach in Slowdive, um Slowdive herum und Slowdive und seine Folgen. Und was ist das für ein weites Land zwischen Dreampop und Shoegaze und einem acht Minuten langen Sphärensound- und Kanongesang-Fäden ziehenden, Nils-Frahm’schen Piano-Motiv („Falling Ashes“)!

Der schwebende Opener „Slomo“ trägt nicht nur einen Beach-House-verdächtigen Songtitel, er tritt in deren direkter Nachbarschaft in die Atmosphäre aus: dank Beatbox, Highliner-Synthesizer, einer fernen Ahnung von Reverb-Rockgitarren, nicht zuletzt dadurch, dass Rachel Goswell mit ungewohnter Alt-Stimme einsteigt. „Star Roving“ ist stürmischer und klassischerer Shoegaze als Slowdive tatsächlich jemals waren. Der Wechsel zwischen umsäuseltem Gewirbel und Neil Halsteads gütigstem Gesang bei halbiertem Songtempo in „Don’t Know Why“ erzeugt eine enorme Dynamik ohne erkennbare Kraftanstrengung. „Sugar For The Pill“ oder das von einem körperlichen Bass von Taumel zu Taumel getragene „No Longer Making Time“ zeigen wiederum, wie nahe Slowdive dem nachtblauen Sound von The xx (die frühen) kommen können, wenn sie die Effektgeräte mal austreten. Wie gesagt: ein erstaunlich weites Land!

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