Soft Cell – Non-Stop Erotic Cabaret

Soft Cells Debüt-Album erschien gerade noch rechtzeitig, um die Vorgabe ihres Disco-Knüllers „Tainted Love“ weihnachtlich auszunützen. ‚Gerade noch rechtzeitig‘ heißt dabei für Verkaufsstrategen soviel wie ‚zu spät‘, zumal NON-STOP EROTIC CABARET auch nicht aus minimalen Variationen eines Monsterhits besteht: Soft Cell haben es fertiggebracht, eine LP zu produzieren, die angesichts des Erfolgsdrucks von allen Seiten in ihrer Fülle und Vielseitigkeit schon fast überrascht. Ungemein wichtig Marc Almonds Gesang, dahinter die andere SoftCell-Hälfte David Ball an ‚Electronic and Acoustic Instruments‘ als Gast auf dem Aufmacher der ersten Seite Dave Tofani am permanenten Solo-Sax: „Frustration“, Almond auf Aggro. Es folgt der Hit – und erklingt immer noch gut: „TaintedLove“. „Seedy Films“ ist der Höhepunkt der ersten Seite – ein latschiger Disco-Jazz, Almond schmachtet, springt immer wieder an den Rand der Dissonanz, Tofanis zweiter und (leider) letzter Auftritt auf dieser Platte beschert uns eine lange, spielerische Klarinetten-Einlage, zu der sich neben Almonds weicher Stimme noch ein paar anonyme Mädchen mischen. Danach das melancholische „Youth“ und am Ende rüder Humor in „Sex Dwarf“.

Seite 2 beginnt mit einem originellen Acapella-Intro Almonds, und einer gehörigen Portion Trash-Pop: „Entertain Me“, zum Mitsingen, geht nahtlos-genial-einfach (im Stile der 12-Inch von „Tainted Love / Where Did Our Love Go“) in „Chips On My Shoulder“ über. Wiederum ist alles am Mitsingen und -klatschen, und man erinnert sich an Grandmaster Flash. Garantiert ein Knüller auf der Tanzfläche. „Bedsitter“ ist ein schöner Song mit noch besserem Chorus, aber vielleicht doch nicht die ideale Single. Diese Rolle könnte aber sehr wohl Smile Hello, Wave Goodbye“ einnehmen: sentimental, langsam, trotzdem (wie typisch für Soft Cell) immer mit leicht bösen Untertönen. Zum Tanzen und Träumen.

Lobend sollte noch Mike Thorne’s hervorragende Produzenten-Arbeit erwähnt werden. NON-STOP EROTIC CABARET hat einen satten Sound und klingt zu keinem Moment technomäßig kalt. Zu Marc Almonds Texten muß man sagen, daß sie in Druckform sicherlich nicht der Weisheit letzter Schluß sind, aber gesungen klingen sie doch verdammt gut. Und das macht einen guten Sänger aus.