The Clash :: Sandinista!

Mit LONDON CALLING hat die Ex-Punk-Band The Clash aller Welt bewiesen, daß sie eine der besten Rock-Bands uraer der Sonne sind – wenn sie wollen.

Auf SANDINISTA! gehen sie noch viel weiter. Auf drei Platten zeigen sie, daß sie genauso in Disco, Avantgarde, Folk, Calypso und noch vielen anderen Stilarten zu Hause sind. Außerdem werden in den insgesamt 36! Songs verstärkt Dub (Mickey Dread) und psychedelische Soundeffekte eingesetzt. Und alles klingt natürlich perfekt und ausgefeilt bis aufs letzte. Doch was solls?!!?

Das Durchhören aller sechs Seiten ist ein musikalisches Wechselbad, wie man es sich kaum vorstellen kann. Noch nervender wird die Sache dadurch, daß manche Songs wirklich nur höchst mittelmäßig sind. Am meisten hat mich allerdings die Frage bewegt, wieso sich die Clash nach ihrem hervorragenden LONDON CALLING-Album in dieser musikalischen Richtungslosigkeit verlieren. Wollten sie wirklich beweisen, daß sie alles können; hatten sie einfach nur Spaß an der Studioarbeit und wollten aus Neugier sehen, wie weit sie gehen können, oder haben sie wirklich die Orientierung verloren? Auf jeden Fall ist SANDINISTA! ein harte Brocken an dem sich noch so mancher die Zähne ausbeißen wird. Doch auch dieser harte Brocken hat seine Sonnenseiten. Seite vier ist durchweg gut, besonders gefallen mir das alte Equators-Stück „Police On My Back“ und „Washington Bullets“, ein stark südamerikanisch angehauchter Song. Direkt nach Seite vier kommt in meiner Beliebtheitsskala Seite drei, auf der mit „Lets Go Crazy“ ein netter Calypso Salsa-Song und mit „If Music Could Talk“ eine tolle, verhaltene Ballade ist. Doch auch aui dieser Seite reißt einen ein völlig unpassender, abgefahrener Gospel-Song („The Sound Of Sinners“) aus allen Wolken. Erwähnenswert sind noch aui Seite fünf „Loose This Skin“, eine starke, angefolkte Nummer, die ein Mensch namens Timon Dogg geschrieben und gesungen hat und „Charlie Don’t Surf“, ein netter Popsong. Aui den anderen Seiten fallen einem zwischendurch auch immer wieder gute Songs und Songstellen aui, doch wenn man die sechs Seiten überstanden hat, weiß man beim besten Willen nichl mehr, was man alles gehört hat.

Wie gewohnt sind die (abgedruckten!) Texte der Clash sehr politisch, doch diesmal ist darin ein Widerspruch, denn die teilweise sehr, direkt politischen (guten!) Texte passen nicht in diese verspielte Verpackung. Der einfachste Weg, eine Message an den Mann zu bringen, ist immer noch der, bei dem Inhalt und Verpackung in einem direkten Bezug stehen.

Halt! Noch einen Pluspunkt hat dieses Tripple-Album. Wie mir Kollege Ulli am Telephon mitgeteilt hat, werden Teile des Erlöses dieser Platte der Sandimsta in Nicaragua zur Verfügung gestellt. Gut!