The Singles
Always different, always the same. Das wird wieder Diskussionen geben und Fragen aufwerfen. Wo sind denn die Gitarren? Wo ist denn die Hookline? Das soll ein Song sein? Was fällt denn Bloc Party ein, meine Erwartungen nicht zu erfüllen ?“Mercury“ (Wichita/Cooperative Music/Universal) darf als Zwischenstandsmeldung aufgefasst werden, bevor die Band mit ihrem neuen Album-vielleicht noch in diesem Jahr-in Phase 3.0 ihres Schaffens eintritt, Bloc Party setzen nach „Flux“ die Vollelektronisierung ihres-verdammt nochmal -einzigartigen Klangbildes fort mit gecuttetem Stottergesang, Vocoderstimme und unheilvoll dräuenden, düsteren Soundscapes. Auf den drei Konfigurationen: diverse Remixe (u.a. von CSS) plus das Unveröffentlichte „Idea For A Story“. Die Meckerer von jetzt mögen bald erkennen, dass „Mercury“ ein Hit ist. Und sie mögen tanzen.
Ist das noch Indie? Bei Der Englische Garten handelt es sich um eine achtköpfige Band aus München, die in ihren Liedern, deren Titel sehr lokalpatriotisch gehalten sind, den Kids ein bisschen was vom Soul erzählen will. „Junge Leute“ (Firestation Records) ist mit allerlei Blasinstrumenten verziert und die Synthese aus Dexys Midnight Runners und Superpunk mit dem jungen Max Coldt als Sänger. Das Instrumental „Auf der Leo“ auf der B-Seite: wie mittel-highspeedige Ennio-Morricone-Henry-Mancini-Soundtracklieder. In Soul natürlich.
Der Wiedereinzug des Klaviers in den Techno wurde vom DFA-Act Still Going zwar vorangetrieben, zeitigte jedoch noch keine nennenswerten Ergebnisse in Form eines neuen Trends oder so. Vielleicht hat ja der Berliner Produzent Benjamin Fehr mehr Glück. Sein Track „My Favourite Shop ls Me“(Catenaccio/Neuton) lebt von einer seltsam-guten Pianongur, die sich über dieser Musik ausbreitet, die zwischen konkret (die funky Bassline) und abstrakt (die mikrotonalen Effekte) traumwandelt. Kunst nennen wir so was.
1 Aachen scheint mir ja das neue Köln zu sein. Oder besser noch: das neue Paris. Holz (im richtigen Leben: Rene Finken) gefällt sich auf „Hotel Holz“ (Modul 8/Kompakt) in der musikalischen Interpretation zeitgenössisch rockender Tanzmusik. „Telepalu“ dann die perfekte Synthese aus Ed-Banger-Stomp und Kompakt-Mikro-Minimal-Zeugs. Dass so was geht, ist toll.
Die beiden 7-lnch-Ausgaben der neuen Single von The Last Shadow Puppets kommen im fetten 180-, wenn nicht sogar 220-Gramm-Vinyl,like Ölpreisexplosion never happened. „Standing Next To Me“ (Domino/Indigo) besticht durch zwei exklusiv nur hierzu bekommende B-Seiten: „Gas Dance“ und „Sequels“. Ersteres mit seinem Gitarrentwang das vielleicht archetypische Sixties-Lied im noch überschaubaren Katalog des Nebenprojekts von Arctic-Monkeys-Sänger Alex Turner. Letzteres: even more spooky 6oer-Jahre-B-Film-Musik.
Phasenverschiebe, ungerade Rhythmen und quackernde Samples fügen sich im Verlauf der Tracks von Ben Parris aus Baltimore zu einem abstrakten, aber organisch groovenden Etwas zusammen. Zumindest ist das auf den beiden A-Seiten-Stücken der EP „From Rave To The Grave“(Foundsound/Kompakt)so. „Yo No Ronco“auf der 8-Seite erfährt dann eine Zusatzbehandlung im „Matmos‘ Mutable Mix“. Mit Mikrogrooves und allerlei Musique-concrete-Samples dazu. Das hat man doch nicht alle Tage, dass eine „Rock“-Band die Musikeines reinrassigen Technomusikers remixt.
Neulich wieder was gelernt. Und zwar, dass man als bundesweit zu lesender Journalist sich zu starke lokale Bezüge in seinen Texten verkneifen soll. Wenn hier zum Beispiel eine Bemerkung über den-zum Beispiel-Waldfriedensee in Wildenheid fallen würde, könnte das zum Beispiel die Insassen einer WG in -zum Beispiel – Wessling zutiefst verstören, weil diese keine Ahnung haben vom Waldfriedensee in Wildenheid. Das leuchtet ein. Bis hierher ging es noch gut-mit der Draußenlassung von lokalen Bezügen. Aber nachdem wir zur Band Die Resonanz aus Koblenz kommen, geht das nicht mehr. „Die Resonanz“ nennen jene Münchener, die noch am käuflichen Erwerb von physischen Tonträgern interessiert sind, liebevoll einen ziemlich sehr guten Schallplattenladen, unweit eines ziemlich hervorragenden Kiosks. der 23 Stunden am Tag geöffnet hat. Während der Besuch von Die Resonanz (der Schallplattenladen) dringend zu empfehlen ist, ist vom Anhören der Single „Frei mit dir“(LaCosaMia/ 313 musicJWP) von Die Resonanz (Die Band) sehr abzuraten. Denn: amerikanisch gemeinter Rock-Rock. Wie Tokio Hotel, nur nicht so gut.
Die schwedische Sängerin Robyn war ja bisher in dieser Rubrik nicht ganz unumstritten -was nicht allein etwas mit ihrer doofen Frisur zu tun hat. Aber die neue Single „Be Mine!“ (Ministry Of Sound/Edel)-in Schweden schon vor dreieinhalb Jahren er-I schienen-zwingt zum Umdenken. Das ist ein Uptempo-Popsong mit schönen Stakkato-Streichern, circa „Eleanor Rigby“. Beim „Jori Hulkkonen Radio Edit“ handelt es sich um einen Remix, mit dem Robyn mit Kylie-Stimme vom finnischen DJ auf acid-housiges Territorium geführt wird. Die „Bailad Version“ dann: eine zur Pianobegleitung gesungene Akustikfassung für den nächsten Auflegmottoabend „Schöne Lieder“. Über Robyn von jetzt an nur noch Gutes.
Als jemand, der Richard Ashcroft durchaus wohlwollend gegenübersteht, auch als jemand, der schon ein wenig stolz darauf ist. dem wohlwollend Gegenüberstehenden vor drei Jahren und einem Monat dabei behilflich gewesen zu sein, eine ziemlich dicke Zigarette anzuzünden, bleibt dennoch Folgendes zu konstatieren. Als „Love ls Noise“ (Virgin/EMI), die neue Single von The Verve, noch albumlos im Raum stand, konnte man diesen Mid- bis Uptempo-Song mit den komischen „Uh-hu“-Chören für ein recht belangloses Liedchen halten. Unter Kenntnis des kompletten The-Verve-Albums forth entwickelt „Love Is Noise“ allerdings ein Eigenleben als ebenso veritabler wie memorabler Hit. Was vor allem am gleichförmigen, richtungslosen Balladensongbrei von forth minus „Love ls Noise“ liegt.
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