Vergessene Welt – Jurassic Park :: Goldene Dino-Eier

„Jetzt sind sie alle noch begeistert“ orakelt der zur Hauptfigur aufgestiegene Dr. Malcolm beim ersten Zusammentreffen seiner Crew mit den neuen Urechsen des Dinoparks.“Dann kommt das Rennen und Fliehen.“ Das ist THE LOST WORLD (Originaltitel), auf den Punkt wiedergegeben. Malcolm, gespielt von dem unvermeidlichen Jeff Goldblum, mittlerweile so eine Art Fremdenführer durch Hollywoods vorprogrammierte Blockbuster, muß es wissen. Er hat, wie wir, JURASSIC PARK überlebt. In der Fortsetzung tut sich nicht viel Neues. Was Wunder. Universal und Steven Spielberg beherzigen die Binsensweisheit, nie ein Winning Team zu wechseln. Längst ist JURASSIC PARK mehr als nur ein Film. Er ist ein kulturelles Phänomen, eine Gans, die goldene Eier legt, eine Zelluloid gewordene Aktiengesellschaft mit der Lizenz zum Gelddrucken. Der 1. Teil ist nach Umsätzen gemessen der erfolgreichste Film überhaupt, der zweite Teil durchbrach in den USA die 100-Millionen-Dollar-Einspiel-Marke nach nur fünf Tagen und war damit noch zwei Tage schneller als INDEPENDENCE DAY,der bisherige Spitzenreiter im Blockbuster-Sprint. Wer Erfolge dieser Art feiern will, muß dem Publikum servieren, was es sehen will. VERGESSENE WELT weiß das und schickt seine Dinos pflichtschuldig reihenweise in den Kampf um die Gunst der Kinogänger. Warum sich Spielberg in seinem ersten Film nach dem künstlerischen Triumph SCHINDLERS LISTE beflissen fühlte, die Filmgeschichte um eine neue Kollektion von Computer-Dinos zu bereichern, steht auf einem anderen Blatt. Wenigstens schert er sich einen feuchten Dreck um Michael Crichtons hochnotpeinliche Literaturvorlage. Er hat sich eine eigene Handlung zusammengezimmert, die für sich genommen freilich auch nicht recht überzeugen will. Künstlerisch darf sich nur Kameramann Janusz Kaminski austoben, der den neuen Dino-Park überraschend gespenstisch und artifiziell aussehen läßt. Die Schauspieler erhalten weit weniger Raum zur Entfaltung. Wer Julianne Moore und Pete Postlethwaite nie zuvor gesehen hat, der käme nach VERGESSENE WELT nie und nimmer darauf, daß sie eine von Amerikas besten Indie-Schauspielerinnen und er Shakespearegeprüft ist. Doch die Show gehört den Dinos. Die beste schauspielerische Leistung des Films vollbringt denn auch eine erzürnte T-Rex-Mama, die ihre Kinder beschützen will. Prost Mahlzeit, Spielberg beim Wildern in George Lucas‘ knuddeligem Ewok-Land. Man merkt es der halbherzigen Regie an: Er selbst findet es fad. Aber der Kunde ist in Hollywood nun mal König. Wir warten auf den dritten Teil.