Wild Palms :: Until Spring

One Little Indian/Rough Trade

Zu einiger Epik neigender 80s-Gitarrenpop, der sogar das Warten auf das dritte Album der Wild Beasts verkürzen kann.

Nicht der plakative Sound der DX7-Synthesizer und ersten digitalen Drumcomputer macht diese Band an, und auch nach dem schlichten Pathos z.B. der späten Ultravox steht dem Quintett aus London nicht der Sinn. Ja, auch die Wild Palms sind letztlich eine Retro-Band, doch die sucht nicht nach dem einfachen, direkten Transfer von Stil und Klang und Attitüde, sondern widmet sich auf ihrem Albumdebüt jener durchaus zeitlosen Ambivalenz, die nur die großartigen unter den Gitarrenpoppern der Achtziger zu erzeugen wussten – Acts wie Microdisney, The Blue Nile und Prefab Sprout. Künstler also, die mit dem Sound experimentierten, der vom Postpunk über die New Wave in die zweite Hälfte des Jahrzehnts gespült wurde und nun an den meisten Ufern verebbte. Bei ihnen jedoch wurde er weiterformuliert, korrespondierte mit Soul, Jazz und Classic Pop oder erinnerte sich wieder besser an Television und Brian Eno und versteckte Geheimnisse in vielschichtigen Songs. Die 2007 gegründeten Wild Palms zeigten sich bislang allerdings eher widerspenstig als geheimnisvoll: Ihre Songs waren purer, sperriger Postpunk. Gemeinsam mit dem Produzenten Gareth Jones (Grizzly Bear, Depeche Mode u.a.) erreichten die Musiker nun schon bei ihrem ersten Album den nächsten Aggregatzustand. Was daran liegt, dass Until Spring unbedingt mehr sein will als eine Sammlung von Songs. Die Platte ist auffällig effektreich produziert, ausschweifend komponiert wie auch gespielt auf Größe und Breite, auf Drama und Schönheit (dieser Gesang!) – und wird so zu einem ziemlichen Brocken. Die in der Mehrzahl skeptischen Kritiker, die dem in Großbritannien bereits erschienenen Debüt all seine zauberhaften Mehrdeutigkeiten als grobe Ungereimtheit auslegten, hörten sogar U2-Stadion-Rock-Gitarren heraus. Aber das größte Problem von U2 ist doch wahrlich nicht The Edge, oder?