Wyclef Jean – London, Shepherds Bush Empire

Der Ex-Fugee mit dem dicken Ego verzettelt sich beim Konzert in einem undurchschaubaren Stil-Wirrwarr. Entweder kann Wyclef Jean keine Songs schrei ben oder er hat die Konzentrationsspanne eines Flohes. Seine Show ist weniger eine Abfolge von Stücken als vielmehr ein Konfettiregen von Melodiefetzen. Ca. alle 23 Sekunden wechselt erden Rhythmus, und selbst wenn er einmal einen konventionellen Song kredenzt, wechselt ständig der Stil- „Guantanamera“ erlebt auf diese Weise sogar ein kurzes Heavy-Metal-Gewitter. Andere Male landet er plötzlich bei Pink Floyds „Wish You Were Here“ oder einem zünftigen Rock’n’Roll. Wyclef hat für diesen flatterhaften Stilmix ein neues Adejktiv geprägt: „ecleftic“, abgeleitet von „eklektisch“. Er sieht sich als Neuerer, und das ist er tatsächlich: Denn im US-Musikgeschäft gilt Diversität als negativ, weil sie die Vermarktung erschwert. In Großbritannien aber, wo „eklektische“ Bands zum Klima gehören wie der Regen, wirkt Wyclefs spezielle Mischung eher wie die Hausmusik eines Hofclowns. „Kommunikation“ steht ganz oben auf Wyclefs Prioritätenliste. Er will das Publikum mitreißen. Zum Tanzen bringen. Schwitzen lassen. Und die Songs seines neuen Albums präsentiert er in Arrangementen, die Zunder in die Bude bringen. So fängt „It Doesn’t Matter“ als flotter Ska an, geht dann plötzlich in einen peitschenden Rap über und endet als tigeriges Soulstück. Sogar Heintje-Fans kommen dabei auf die Kosten: ein zehnjähriger (weisser) Knirps in schwarzen Lederhosen darf zusammen mit Wyclef rund 50 Mal den Refrain ins Mikro brüllen. Wyclefs Clown-Show ist vergnüglich -aber kaumje mehr. Dass er bei dem Versuch, allen zu gefallen, auch nicht davor halt macht, dem auf dem Balkon sitzenden Mick Jagger eine Fanrede entgegenzuschmettem, riecht nach Kalkül. Genau wie die biedere Version von „No Woman NoCry“, mit der das Konzert losgeht, und die wohl moralischen Tiefgang suggerieren will. Auch den Gastauftritt von Schwesterchen Melky würde man sich gern schenken – ihre Accapella-Version von „Amazing Grace“ tönt, als würde sie gerade am Spieß geröstet. Ein Konzert wie ein chinesisches Büffet: Nett und abwechslungsreich, aber eine halbe Stunde nach der letzten Lychee knurrt schon wieder der Magen. www.wyclef.com