Interview

Echt im Interview: „Nach einem Jahr nutzt sich das Popstar-Dasein ab“


Ein Gespräch über das Popstar-Dasein in den 2000ern, Medienskandale und das gemeinsame Weinen.

Zur Jahrtausendwende gab es kein Vorbeikommen an der Band Echt. Dann war alles ganz schnell vorbei. Bye, bye, Junimond. Mit einer dreiteiligen Filmreihe erinnert ihr Sänger Kim Frank an turbulente Jahre voller Erfolge und Skandale. Nebenbei gelingt ihm eine berührende, zeitlose Geschichte über Freundschaft.

„Echt – unsere Jugend“, heißt die Filmreihe, die am 23. November in die ARD-Mediathek gestellt wird. Der Titel ist als inklusiv zu verstehen. Während der Dreiteiler die beispiellose Karriere der Band Echt nachzeichnet, führt er eine ganze Generation auch in ihre persönlichen 90er-Jahre zurück. Denn ob man nun wollte oder nicht – Echt waren allgegenwärtig, unausweichlicher Soundtrack zu den eigenen Tops und Flops. Teenie-Medien wie Viva und Bravo hatten die Flensburger Schülerband in höchste Höhen der Popularität im deutschsprachigen Raum katapultiert. Internet war ein Hobby für Nerds, personalisierte Playlist gab’s nur auf Tapes und gebrannten CDs. Was ein Hit war, war noch ein Hit, in der buchstäblichen Übersetzung eines Treffers, den alle gespürt haben. Und Hits hatte die Band zuhauf: die schmissige, bittersüße Sinfonie „Du trägst keine Liebe in dir“ etwa, große Tränenzieher-Balladen wie „Wo bist du jetzt?“ oder „Weinst du“ und natürlich das Cover von „Junimond“, das Rio Reiser wie einen guten Geist, eine Art abgerockten Peter Pan in die Kinderzimmer brachte.

Der Trailer zu „Echt – unsere Jugend“:

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Hysterie der 2000er

Manche ließen sich hingebungsvoll von diesen Hits erschlagen – mit eindringlichen Bildern kreischender Mädchenmassen erinnern die Filme an die damalige Hysterie –, andere wiederum, meistens aus dem Lager des anderen, des Testosteron-verseuchten Geschlechts, hauten zurück. Es sind die erschreckendsten Szenen der Doku: Noch während der Anfahrt zum ersten Headlinerauftritt der Band bei einem Recklinghäuser Festival sagt Schlagzeuger Florian Sump, sowohl mit einem Lolli in der buchstäblichen als auch der Zunge in der übertragenen Wange, in die alles begleitende „Echt-Cam:“ „Ich hab’ Angst, dass die großen bösen Männer mit den Eiern, die alle besoffen sind, die gegen das Auto werfen.“ Kurz darauf wird die Gruppe von jungen Männern im Publikum regelrecht von der Bühne gesteinigt. Unter dem Hool-Gegröl von „Ihr könnt nach Hause fahren“ wird Sänger Kim Frank backstage genäht, nachdem er eine Flasche abbekommen hat. Keins der Bandmitglieder war damals volljährig. Nach außen gaben sich Echt in der Folge wie gewohnt gelassen und schlagfertig – so ein Schlag würde sie nicht fertig machen. Doch die Ereignisse hinterließen ihre Narben, vor allem psychische. „Wir wollten das nicht in der Öffentlichkeit ansprechen“, sagt Frank. „Damit hätten wir diesen Menschen nur zugestanden, dass sie uns verletzt oder verunsichert haben.“

Was wurde eigentlich aus… Echt?

Wir treffen ihn und Sump über Zoom, da Frank, der mittlerweile Musikvideos für so unterschiedliche Größen wie Udo Lindenberg und Jochen Distelmeyer dreht, gerade für einen Job in Chicago weilt. Frank hat die Doku über seine Band aus 240 Stunden Filmmaterial schwungvoll zusammengeschnitten und begleitet sie mit seiner ruhigen, reflektierten Erzählstimme aus dem Off; so entsteht eine Art erwachsener Kinderfilm. Sump wiederum ist seit mehr als zehn Jahren bei der sehr erfolgreichen Kinderband Deine Freunde, zu der auch Markus Pauli, seines Zeichens Live-DJ bei Fettes Brot, gehört. Erst drei Tage vor unserem Interview stand Sump vor 25 000 jubelnden Menschen neben den Hamburger HipHop-Legenden auf der Bühne bei deren Abschiedskonzert. Ein harter Kontrast zu den Szenen aus Recklinghausen. Frank: „Rückblickend denke ich mir schon: Krass, dass unsere Eltern uns danach haben weitermachen lassen“, und Sump führt aus: „Die wussten aber auch, dass der Versuch uns aufzuhalten, in der Kontaktlosigkeit geendet hätte. Die haben sich natürlich ihre Sorgen gemacht, aber wollten uns nicht zusätzlich belasten.“

Kämpfe abseits des Rampenlichts

Zu kämpfen hatte die Band ohnehin. Nicht nur gegen die Hater, die wohl letztlich schlicht nicht ertragen konnten, dass Echt im Zweifel besser als sie aussahen, sondern auch mit den eigenen Dämonen. Gitarrist Kai Fischer litt schon damals unter Depression, konnte Konzerte manchmal nicht zu Ende spielen. Frank wiederum ereilten bereits in präpubertären Jahren Panikattacken. Er war sich seitdem sicher, dass er nicht lange leben würde. Sein Debütroman „27“ von 2011 handelt von einem Musiker, der befürchtet, mit 27 Jahren zu sterben und sich so zu Kurt Cobain, Amy Winehouse und Janis Joplin in den „Klub 27“ zu gesellen. Von seiner Angst getrieben, wollte Frank seine Zeit voll auskosten.

Am spektakulärsten illustriert diese Einstellung der Videodreh zum Song „2010“, für den er und Echt 2000 nackt über die Reeperbahn rannten – Teenage Rampage, eine gelebte Ausbruchsfantasie, die nebenbei dazu gedacht war, der „Bild“-Zeitung einen Streich zu spielen. Frank hatte sein Privatleben stets bedeckt gehalten. Doch seine Beziehung zur prominenten Viva-Moderatorin Enie van de Meiklokjes missverstanden die Boulevardmedien als Einladung, den beiden hemmungslos nachzustellen. Die Band wollte der „Bild“ angebliches Paparazzi-Material von der Aktion zuspielen, in der Vermutung, dass diese daraus umgehend einen Skandal kreieren würde. Dann hätte man die Inszenierung aufgedeckt, gleichzeitig das dahinterstehende Musikvideo beworben und vor allem die Redaktion blamiert. Doch der Plan scheiterte, nachdem Bandmanager Jonas Schäfer entgegen allen Absprachen – keine Soloshots, keine Geschlechtsteile – der „Bild“ eine sehr explizite Nacktaufnahme von Frank zukommen ließ.

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Ganz schön viel Rock’n’Roll für eine Popband, oder? Aber vor genau dem Genre – in der immer noch vom Authentizitätsgebot des Grunge geprägten Szene hatte Pop nicht den besten Ruf – scheute die Band nicht zurück. „Damals gab es noch ein Wort, das meiner Meinung nach nicht mehr existiert: Sell-out“, sagt Frank. „Das warst du, wenn du in einer uncoolen Sendung aufgetreten bist. Heute gibt es das nicht mehr: Alle bewerben sich selbst wie sie nur können, machen Deals mit Rucksackfirmen auf Instagram für ein paar Storys. Zu unserer Zeit war das aber noch ein Konflikt: Wir waren ja Fans von coolen Indie-Bands – was wir ja letztlich auch waren, wir waren ja bei keinem großen Major (sondern beim Label Laughing Horse – Anm.) –, aber wir hatten schon Bock auf fette Videos und große Shows. Wenn du mehr Erfolg hast, hast du eben auch mehr Freiheiten, deine künstlerischen Visionen umzusetzen.“

Sump bekräftigt das: „Die Musik war immer genau so, wie wir sie gerne haben wollten. Die Regel hieß: Wenn die Musik absolut in unserem Sinne ist und wir dieses Lied so weit wie möglich pushen wollen, dann nehmen wir jede Plattform mit, die sich bietet.“ Dabei haben Echt womöglich auch anderen die Tür geöffnet. Frank: „Ich erinnere mich daran, wie Deichkind mit ‚Bon Voyage‘ bei ‚The Dome‘ waren und deren MC Malte sagte: Ja, wenn Echt das können ohne dabei komplett Scheiße zu sein, dann können wir das auch.“ Der wenige Jahre später einsetzende Siegeszug der salonfähigen Nabelschau in Form der sozialen Medien, sowie der Take-over einer turbokapitalistischen Ausprägung von HipHop als dominanter Popmusik taten ihr Übriges, damit sich junge Künstler:innen heutzutage kaum mehr mit solchen Fragen aufhalten müssen.

Von lauten Hit-Singles zu stillem Fiasko

Bei aller Qualitätskontrolle ihrer Songs entstammten die erfolgreichsten nicht den eigenen Federn. Zwar schrieb Fischer meistens die Musik und Sump steuerte die Texte bei. Doch für die Hits zeichneten andere verantwortlich, allen voran Michel van Dyke. Der hatte in einer WG mit Franz Plasa von der NDW-Band Felix De Luxe („Taxi nach Paris“) gelebt. Plasa machte sich in der Folge einen guten Namen als Produzent von Selig und fragte bei seinem alten Kumpel van Dyke an, als er Material für seine neuen Schützlinge Echt suchte. Diese fanden ihre eigenen Stücke damals noch nicht gut genug für Single-Auskopplungen. Es waren also maßgeblich Hits von van Dyke, die das Debütalbum der Band, ECHT, 1998 auf Platz fünf in Deutschland hievten. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung ihres Nachfolgers FREISCHWIMMER im Jahr darauf war die Beliebtheit der Gruppe schon so enorm, dass nur ein Einstieg auf Platz eins der Charts möglich war. Aber, um die allererste Single der Band zu zitieren: „Alles wird sich ändern, wenn wir groß sind“.

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So beschlossen Echt, ihrem Namen umfassend gerecht zu werden und es auf dem dritten Album ganz auf eigene Faust zu versuchen. Eine künstlerisch richtige Entscheidung, wie reife und ergreifende Stücke wie „Meisterwerk“ und „Stehengeblieben“ zeigten. Doch kommerziell geriet das mehrheitlich von ruhigen Stücken getragene RECORDER 2001 zum Fiasko. Selbst der einzig beschwingte Song der Platte, „Wie geht es dir so?“, Bläser-satter Retropop im Stile etwa der Boo Radleys, strandete als Leadsingle auf Rang 55, das Album selbst hielt sich nur vier Wochen in der Bestsellerliste, wo es Platz 21 erreichte. Einige der Konzerte der dazugehörigen Tour wurden in kleinere Hallen verlegt, der geplante zweite Teil der Konzertreise ganz abgesagt. Die Luft war raus, die Bandmitglieder ausgelaugt und an anderen Projekten interessiert. „Nach einem Jahr nutzt sich das Popstar-Dasein ab und bekommt eine Tristesse und Einsamkeit, obwohl man sein ganzes Leben davon geträumt hat“, sagt Sump. „Vieles davon haben wir natürlich geliebt: Die Bühne, auf Tour zu sein, das war unser place to be. Aber wir waren natürlich auch an vielen places, die nicht unser to-be waren.“

„Nach einem Jahr nutzt sich das Popstar-Dasein ab und bekommt eine Tristesse und Einsamkeit, obwohl man sein ganzes Leben davon geträumt hat“

Echt live auf dem Rheinland-Pfalz-Open-Air im August 2000:

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Zwischen Krisen und Wohlfühlmusik

Frank: „Was diese Band immer so stark gemacht hat, ist, dass wir alle das gleiche Ziel hatten. Umso mehr tat’s dann weh, als diese Ziele begannen so ’n büschen auseinanderzulaufen“, sagt Frank. Dass die Veröffentlichung von RECORDER in die Zeit nach dem 11. September gefallen war, erschwerte die Bedingungen für eine Gruppe wie Echt zusätzlich. „Nach 9/11 herrschte in Deutschland eine Sehnsucht nach Wohlfühlmusik, nach Musik, die nicht mehr weh tut und nach nahbaren Künstler:innen. Die Zeit des aus der Distanz Anhimmelns war vorbei“, sagt Frank. Unvereinbar mit einer Band, die es gewohnt war, Exzess auszulösen, wohin sie nur kam.

Dazu fand sich Frank unverhofft inmitten eines tobenden Shitstorms wieder. Als Gast in der ersten Folge der „Harald Schmidt Show“ nach den Anschlägen in den USA vom Gastgeber nach den Taliban befragt, antwortete er scherzhaft: „Ich weiß noch nicht mal, wo das ist.“ Die Medien nahmen das für bare Münze, die „Bild“ fragte: „Wie dumm darf ein Popstar sein?“ Heute bereut Frank den Gag: „Der Moment war zu sensibel für so einen Spruch.“ Ende 2002 verkündeten Echt ihre Auflösung. Heute sagt Frank über die Umbruchszeit: „Man hätte das wohl schon so organisieren können, dass wir alle genug Zeit für andere Ideen gehabt hätten. Aber wir hatten eben auch einen festen Rhythmus. Wir hätten uns nicht vorstellen können, nur alle fünf Jahre eine neue Platte zu machen und nicht 200 Tage im Jahr auf Tour zu sein. In unserem Umfeld war auch niemand mit 20-jähriger Berufserfahrung, der schon fünf andere große Künstler:innen betreut hat. Wir sind ja alle ins kalte Wasser gesprungen.“

„Wir sind alle ins kalte Wasser gesprungen.“

Das Leben nach Echt

Das taten sie nach dem Split der Band erneut. Was bleibt einem schließlich übrig, wenn man die schulische Laufbahn nach dem Realschulabschluss zugunsten einer Existenz als Popstar aufgegeben hat und dann auf einmal keiner mehr ist? Frank übernahm zunächst die Hauptrolle in der Leander-Haußmann-Komödie „NVA“ und veröffentlichte 2007 sein durchwachsen aufgenommenes Soloalbum HELLBLAU. Es blieb bei der einen Platte. „Das wollte ich lieber nicht weitermachen“, sagt er. „Auch wenn der Fokus bei Echt schon sehr auf mir lag, vor allem was so Boulevardmedien angeht, hat sich das solo noch mal intensiviert. Ich hatte meinen Echt-Panzer nicht mehr. Wenn ich nur Musik machen kann, wenn ich diese Art von Popstar bin, der sich all das gefallen lassen muss, dann mache ich lieber keine Musik mehr. Das hat sehr wehgetan, das war sehr schwer.“ Sein 2018er-Regiedebüt „Wach“ um zwei Freundinnen, die ohne Drogen so lange wie möglich wach bleiben wollen, wurde für den Grimme-Preis nominiert.

Der Trailer von Kim Franks „Wach“:

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Sump nutzte seine Zeit als Kita-Erzieher, um die Jugend zu erforschen, sowie seine Inkarnation als Rapper Jim Pansen, um seine Reim-Skills zu verfeinern. Beide Wege führten zu Deine Freunde, mit denen er heute Kinder zum Tanzen, Lachen, Nachdenken und Sich-und-die-Welt-Kennenlernen bringt. Rückblickend sagt er über die unmittelbare Zeit nach der Trennung von Echt: „Mein Ziel war es damals, nicht mehr den größtmöglichen Erfolg zu jagen, sondern das bestmögliche Lebensgefühl zu bekommen. Und da musste ich erst mal herausfinden, was das bedeutet, wenn ich das unabhängig von meinen vier besten Freunden suchen gehe.“

Keyboarder Gunnar Astrup ist nach einer Laufbahn als Radioredakteur heute Geschäftsführer des Flensburger Sommerfestivals Hofkultur, Bassist Andreas Puffpaff Web-Designer, Kai Fischer arbeitet als Kostümbildner beim Film.

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Die Band ohne Angst vor Pop

Was ist denn aber nun, wenn die Resonanz auf die neue Filmreihe ähnlich ausfällt wie bei Take That? Die Boyband – Echt waren, darauf legen sie großen Wert, keine Boyband, nur eben eine Band aus Boys – hatte im November 2005 im britischen Fernsehen die Doku „Take That: For The Record“ präsentiert. Neun Tage nach der von Millionen gesehenen Ausstrahlung verkündeten sie ihr Comeback und wurden, was niemand für möglich gehalten hatte, noch größer als in den 90ern. Die Echt-Filmtrilogie ist durchzogen vom Thema des Unvorbereitetseins, daraus resultierenden Problemen und wiederum daraus resultierenden Schutzmechanismen. Wie wäre das heute? Wären Echt bereit für eine Reunion, sollte das Feedback auf die Filme das geradezu erfordern?

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Frank hat da seine Prioritäten: „Egal, was da jetzt kommt – solange wir es schaffen, füreinander weiterhin da zu sein, einander zu unterstützen, dann kann nichts Schlimmes passieren.“ Er sagt aber auch: „Wir planen kein Comeback, die Filme sind jetzt im Fokus. Wir haben allerdings auch nie zueinander gesagt: Nie. Aber mir jetzt vorzustellen, nach diesen Jahren der Abstinenz wieder auf eine Bühne zu gehen, ist unfassbar abstrakt. Das wirkt alles sehr weit weg – dieser Wille, sich ansehen zu lassen, in anderen Leuten Gefühle auszulösen.“ Was er allerdings schön fände, wäre „wenn ein Wunsch nach so einer Band wieder entstehen könnte. Denn mir fehlt so eine Band, die keine Angst vor Pop, keine Angst vor Gefühlen hat und musikalisch anspruchsvoll ist.“

„Wir planen kein Comeback, die Filme sind jetzt im Fokus. Wir haben allerdings auch nie zueinander gesagt: Nie.“

Doch „Echt – unsere Jugend“ muss nicht der erste sonnige Tag eines zweiten Bandfrühlings werden, um erfolgreich zu sein. Schon jetzt hat das Werk viel erreicht, zum Beispiel, dass „wir zum ersten Mal gemeinsam geweint haben“, sagt Sump, „für die Band hatte das etwas sehr Therapeutisches“. Aber auch, weil diese Doku ein Dokument ist – einer Ära und einer Freundschaft. Sie zeigt Jungs, die offen über ihr Befinden, ihre Ängste und Intimitäten sprechen – das führt bis zu Masturbationsgeständnissen im gemeinsamen nackten Bad im Whirlpool. Sie ist ein Musterbeispiel für sensiblen Umgang miteinander und funktioniert letztlich wie ein Roadmovie über den ultimativen Teenage-Traum: mit seinen besten Freunden die Musik zu machen, die man will, und damit auch noch tierisch erfolgreich sein. „Von einer geraubten Kindheit kann da keine Rede sein“, versichert Sump. Ihre Zeit sollte nicht im Jahr 2010 kommen, wie es in einem ihrer Songs heißt. Ihre Zeit waren die Jahre 1998 bis 2001 – eine kurze, aber intensive Odyssee im Weltall Pop. Für die unter uns, die diese Jahre miterlebt haben, ist „Echt – unsere Jugend“ eine emotionsgeladene Zeitreise. Doch selbst für Spätgeborene dürfte das Werk durch seine TikTok-Ästhetik und seine ewiggültigen Themen anschlussfähig sein. Es fühlt sich echt an und nach Jetzt. Echt jetzt.