The Futureheads – The Futureheads :: Genie und Raserei
Ein bißchen unvorsichtig, ein Album von jemandem besprechen zu lassen, der seit einem halben Jahr kaum was anderes hört als dieses Album, der ständig Ausreden parat hat, um irgendwas aus dem CD-Spieler rauszuwerfen, dann triumphierend in der Gegend herumgrinst, wenn mal wieder ein Zufallshörer ins Zimmer stürmt und schreit: „Wahnsinn! Das ist ja Wahnsinn! Was in Gottes Namen ist das?.“ Aber bitte, man hat es so gewollt. Was das ist? Die spannendste, intelligenteste, durchgedrehteste, aufregendste, perfekteste Platte, die ich seit was weiß ich wann gehört habe. Die Wirkung ist vergleichbar mit der von New Wave 1977: Auch da war die ganze Weltfensterscheibe Popmusik vollgesaut mit Kitschfliegenschiß, Klischeefeinstaub, Betroffenheitsquark und so, und was man noch sah, war ein ekliges Schmierbild, das furchtbaren Überdruß erzeugte. Da hilft kein Putzen, man muß die Scheibe einschmeißen. Wenn man heute, sagen wir mal, Tocotronic, Coldplay, Garbage, Beck und Moby hört und danach die Futureheads auflegt, geht es einem so, wie wenn man 1977 z.B. Karat, Jethro Tüll, Heart, die Saragossa Band und Foreigner gehört und danach XTC aufgelegt hat: Wusch – Tabula rasa! Aber die Vergleiche sind ungerecht, nicht nur für die anderen Bands. The Futureheads erinnern schon mal an XTC, Gang Of Four, Fugazi, Devo, Sparks u.a., aber nur weil sie mindestens so gut sind wie diese in ihren besten Momenten. Ihre Mischung aus Genie, Raserei, Übermut und Witz ist derart explosiv, daß man an so was beim Hören und Begeistertsein gar nicht denken kann. Gilt auch für die Texte, die sich an absurden Randthemen festbeißen und nicht mehr loslassen, bis es lustig wird, dann immer noch nicht loslassen, bis man plötzlich was kapiert, von dem man nicht mal ahnte, daß es ein Problem sein könnte. Die verquere Weltsicht, die da raustönt, könnte man „totale Ironie“ nennen, weil sie sowohl affirmativ wirkt (wer „Robot“ hören kann, ohne sich in einen wildgewordenen Roboter zu verwandeln, sollte sich neue Batterien besorgen) als auch kritisch (wer „First Day“ hören kann , ohne schlagartig zu kapieren, wie kaputt und bizarr das moderne Leben ist, sollte sich einen Job suchen), ohne irgendwas zu kommentieren. Jetzt schreit einer: Wer hört denn heute noch Texte! Gut, die Musik: Dagegen klingen die frühen XTC wie eine seriöse Beatles-Revival-Band, Franz Ferdinand wie eine fade Tanzkapelle, Maxirno Park wie, na ja, ein lauwarmer Futureheads-Aufguß. Um die nächstliegenden Sachen heranzuziehen, die ja alle alles andere als schlecht sind. Für manche wird THE FUTUREHEADS einfach eine supertolle Spaßplatte sein. Wenn sie an einem sonnigen Frühlingstag in der verstopften Innenstadt aus einem Auto knallt, werden die Leute auf den Dächern tanzen. Das ist auch okay. Aber hören muß man sie, hören hören hören. Jeder. Überall. Immer.
VÖ: 30.5.
www.thefutureheads.com
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