Interview

Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys im Interview: „Wir haben auf Knopfdruck geweint“

Ein Gespräch über ihr Mitwirken an dem Kinofilm „Zweigstelle“, Pathos und das, was sie sich wünschen würden

Sie nennen sich die Könige des Italo-Schlagers – und haben längst ein eigenes Universum aufgebaut. Jetzt kommt ihr nächster Coup: Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys verlagern ihren Kult von der Bühne ins Kino: Für den Film „Zweigstelle“ liefern sie Soundtrack und Cameos – und das passende Pathos fürs Danach. Wir haben sie zum Interview getroffen.

Dolce Vita trifft Verwaltungsakt

Ein Auto, ein Unfall, vier Freunde – und plötzlich stehen sie am Schalter einer bayerischen Jenseits-Behörde. Was darf’s sein: Elysium, Fegefeuer, Wiedergeburt? Oder Nichts – wenn man an nichts glaubt. Hier beginnt Julius Grimms Kinodebüt: In „Zweigstelle“ (Kinostart 9. Oktober 2025) muss sich die Clique vor Einzug in den Himmel durch eine kafkaeske Bürokratie-Hölle schlagen. Aktenberge, Fragebögen und gemächlich-pedantische Sachbearbeiterinnen bestimmen das Tempo, während die Freunde verzweifelt nach einem Ausweg suchen – und zugleich mit der eigenen Glaubensleere konfrontiert werden. Denn rasch merken sie: Wer an nichts glaubt, hat im Jenseits ein Problem.

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Mit dieser Komödie stellt Grimm die uralte Frage neu: Was erwartet uns nach dem Tod? In seiner (perfiden) Fantasie: deutscher Bürokratie-Wahnsinn, immerhin getragen von einem starken Ensemble (u.a. Rick Kavanian, Rainer Bock, Luise Kinseher, Maxi Schafroth).

Nach einem tödlichen Unfall in die Alpen finden sich vier Freunde der Eingangshalle der Jenseits-Behörde Zweigstelle Süddeutschland wieder. Hinter einem Tresen sitzt eine einzige Beamtin, die – wenn sie nicht gerade Kaffeepause macht – freundlich darum bittet, eine Nummer zu ziehen, bevor sich um die Weiterleitung der Seelen gekümmert werden kann. Doch die eigentliche Überraschung wartet über den Köpfen der frisch Verstorbenen: Auf einer hölzernen Balustrade erklingt feinster Italo-Schlager. Dort oben stehen Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys – und nehmen die Clique mit einem Auftritt irgendwo zwischen sakralem Willkommen und surrealem Fiebertraum in Empfang.

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Wer sollte die Band an dieser Schwelle musikalisch begrüßen? „Udo Jürgens am Klavier – das wäre ein Traum“, sagt Roy. „Oder etwas völlig Neues: göttliche Musik, die wir noch nie gehört haben.“ Klar ist auch, was sie nicht wollen: „Mallorca-Plastik-Schlager. Oder Free Jazz“, wirft Zanti ein. „Da würde ich sofort ein zweites Mal tot umfallen.“

Himmelspforte mit Kitsch und Kult

Die Anfrage kam im Herbst, erzählt die Band. Im Februar standen sie dann am Set – als sie selbst (im Abspann benannt als „Band“), aber doch wieder als Figuren ihres eigenen Mythos. „Da mussten wir nicht lange überlegen“, sagt Roy. „Bayerische Komödien mit Jenseits-Thematik sind ja ein eigenes Genre. ,Wer früher stirbt, ist länger tot‘ oder ,Ein Bayer im Himmel‘ – das sind wuchtige Titel. Da haben wir uns sofort zu Hause gefühlt.“

Für die Musiker war der Dreh dennoch eine neue Erfahrung. „Im Musikvideo musst du in vier Minuten alles erzählen – im Film darf sich etwas entwickeln. Da waren wir zwar eher der schöne Hintergrund, aber das hat dennoch Spaß gemacht“, so Zanti. Textzeilen gab es nicht, aber eine Szene blieb hängen: „Als wir mit einem Sanitäter mitfühlen mussten, haben wir auf Knopfdruck geweint. Ich habe da natürlich an unsere Band-Auflösung 1997 gedacht“, sagt Roy lachend. „Das war wirklich herzzerreißend.“

Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys haben ihren Italo-Schlager längst zum Kult erhoben. Julius Grimm gibt ihnen nun eine neue Bühne – zwischen Todesbürokratie und Dolce Vita. „Wir sind sehr dankbar, Teil dieses Films zu sein“, so Roy. „Der funktioniert auch ohne uns fantastisch, aber wir haben ihn gern mit etwas Musik und Mythos bereichert.“ Immer wieder gibt es Spekulationen, wie viel an dieser Band echt und wie viel inszeniert ist. „Wir sind natürlich wir selbst, aber es macht uns Freude, wenn die Leute unsere Geschichte weiterschreiben. Kunst funktioniert eben so“, erklärt Roy.

Neu komponiert haben die Musiker für den Film nichts – gebraucht hat es das allerdings auch nicht. Mit „Weiße Rosen“ von ihrem 2024 erschienenen Album KULT hatten Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys bereits einen Song, der thematisch wie die Faust aufs Auge passt.Wenn der letzte Vorhang fällt, gehen wir unsrer Wege. Letzte Grüße an die Welt. Weiße Rosen soll es für dich regnen, halt sie bis zum Wiedersehn“, singen sie. Melancholie, Nostalgie, große Emotionen – und dazu eine Prise Humor. „Für die Thematik des Films, haben wir, glaube ich, den perfekten Filmsong gefunden“, berichtet Zanti.

Im Film „Zweigstelle“ sitzen die Protagonisten zwei älteren, gesetzten Sachbearbeiterinnen gegenüber, die Fragebögen abklappern und über das weitere Schicksal der Verstorbenen entscheiden. Als Highlight dürfen die vier Freunde am Ende des Fragen-Marathons in einen Lostopf greifen. Wer das Glückslos zieht, hat einen letzten Wunsch frei. „Ich würde mir eine Wünschemaschine wünschen, damit alle Anwesenden noch einen Wunsch freihaben“, sagt Zanti. Roy setzt noch einen drauf: „Ich wünsche mir Frieden auf Erden. Halleluja!“

Am Ende bleibt der Ton, den Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys schon immer getroffen haben: ein bisschen Pathos, eine Prise Humor – und dazu ein Strauß weißer Rosen.