Fashion Killa

Dolce & Gabba: Wie Luis Dobbelgarten Luxus-Trash mit einer Prise Xtina kombiniert


Wie zerschlissen muss eine Hose sein? Sehr und kunstvoll, like Dolce & Gabba. Die aktuelle Stil-Kolumne von Jan Kedves.

Ab welchem Zustand kann man Jeans tragen? Sobald die Knie durchgescheuert sind? Wenn das Indigoblau nach tausend Waschgängen endlich zum Rest einer Andeutung von Himmelblau geworden ist? Oder wenn die Risse im Schritt so oft geflickt sind, dass die Änderungsschneiderin schulterzuckend sagt, dass sie da jetzt wirklich nichts mehr retten kann? Manch einer fängt ab diesem Zerschlissenheitsgrad ja erst an, seine Jeans zu lieben! Kein anderer Stoff, außer vielleicht Leder, erzeugt solche Poesie aus Abnutzung, wobei den Gebrauchsspuren ja oft mit stone wash und anderen Zerstörmethoden (die ökologisch betrachtet die reinste Katastrophe sind) auf die Sprünge geholfen wird.

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Damit wären wir bei den aktuellen Jeansmoden. Sie setzen stark auf die Appeals von pre-loved (sprich: Denim ist schon getragen, aber gut erhalten) oder handmade distress (Denim ist neu, aber mit viel Aufwand so geschrottet und zerfranst, dass man denkt, Iggy Pop hätte die Hose seit 1977 nicht ausgezogen). Da gibt es zum Beispiel Luis Dobbelgarten aus Firmenich in der Eifel. Mit seinem Label No/Faith Studios erlebt der 22-jährige Designer gerade einen ziemlichen Hype, auch weil Stars wie Kylie Jenner bei ihm bestellen.

Sehr laut insgesamt

Dobbelgarten stückelt seine Hosen aus Denim-Patches zusammen, die Beine haben einen superweiten Schlag und diesen prä-abgenutzten Look. Verziert sind sie mit zig aufgesetzten Taschen, die nur die Funktion haben, dass aus ihren Nähten noch mehr verwaschene Fransen raushängen können. Bad taste? Dobbelgarten kombiniert durchaus raffiniert die Ästhetiken von Luxus-Trash à la Balmain und 90er-Jahre-Dolce & Gabbana mit der Trompetenhosen/Fallschirmhosen-Silhouette von Gabba-Kids – quasi: Dolce & Gabba. Eine Prise Xtina-Look zu ihrer „Stripped“-Zeit steckt auch mit drin. Sehr laut insgesamt.

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Vergleichsweise dezent sind da die Entwürfe von Lutz Huelle und Bless. Beide arbeiten im Gegensatz zu No/Faith Studios mit echtem vintage denim. Huelle schneidert seine „Shadow Denim Pants“ aus zwei halbierten Exemplaren, ein helleres und ein dunkleres, sodass über die Oberschenkel bis hinten über die Waden ein hübsch spiralisierter Farbkontrast entsteht. Bless, die gerade ihr 25. Jubiläum feiern, machen aus gut erhaltenen Levi’s sogenannte „Jeansheels“, das heißt: Sie stecken Espadrille-Pumps unter weite Denim-Stulpen, die aus jenen Teilen der Jeans gemacht sind, aus denen sonst Hotpants würden. Lustig! Es sieht nämlich so aus, als hätte man die Hosen runtergelassen und würde gerade auf dem Klo sitzen.

Diese Kolumne erschien zuerst in der Musikexpress-Ausgabe 11/2022.