Kritik

„Firefly Lane“ auf Netflix: Beste Freundinnen kann (fast) niemand trennen


Sexismus, Feminismus, Karriere und BFFs 4 Life: In der Netflix-Serie „Firefly Lane – Immer für dich da“ begleiten wir zwei Freundinnen von ihren Teenagertagen bis zur Mitte ihres Lebens.

Tully und Kate sind seit ihren Teenagertagen beste Freundinnen. Beide wuchsen in ganz unterschiedlichen Familien auf – aber sie verbindet ihre Kindheit und Jugend in der „Firefly Lane“, die ihren Namen wegen der dort umherschwirrenden Glühwürmchen bekommen hat. Die beliebte und nach außen hin selbstbewusste Tully lebt bei ihrer alleinerziehenden Mutter, einem druffen Hippie, der seine Tochter wegen mangelnden Verantwortungsbewusstseins bei ihrer Großmutter parkt. Mauerblümchen Kate mit viel zu großer Brille wächst dagegen bei ihren Eltern auf – und sie hat einen Bruder, der heimlich auf Jungs steht.

Ihre Leben verlaufen im Laufe der nächsten Jahrzehnte so unterschiedlich, wie sie sich zu Beginn schon anbahnen. Von diesen Werdegängen, Zerrüttungen, Zusammenfindungen, Karrieren und Schicksalen erzählt die zehnteilige Netflix-Serie „Firefly Lane“, im Deutschen „Immer für dich da“, bedient sich zur Inszenierung dem ständigen Sprung und Schnitt zwischen drei Zeitebenen – und mäandert dabei zwischen Drama, Coming-Of-Age-Erzählung, Bettgeschichten und Komödie. Letzteres wohl auch, weil wir Kates Darstellerin Sarah Chalke noch als verpeilte Ärztin aus der Sitcom „Scrubs“ kennen.

„Firefly Lane – Immer für dich da“ – mehr Details zur Story

Ihre Freundschaft beginnt 1974 mit einem grausamen Geheimnis. Achtung, Spoiler: Bei einer Lagerfeuerparty im Wald wird Tully von einem Typen vergewaltigt. Sie erzählt danach Kate davon und bittet um Stillschweigen. Inwiefern dieses Trauma damit zu tun hat, dass Tully – in der zweiten und dritten Zeitebene von Katherine Heigl gespielt – die sexuell Aktivere der beiden wird, maßen wir uns genau so wenig an zu beantworten, wie die Serie es tut. Sex ist in „Firefly Lane“ im- und explizit aber immer wieder ein Thema. Zum Beispiel, wenn die mittlerweile erfolgreiche Fernsehmoderatorin Tully einen jüngeren Mann in einer Bar kennenlernt und in ihm lange nicht mehr als eine Art Toyboy begreift. Oder wenn sie mit Kates Crush Johnny Ryan, dem Produzenten von Tullys Show „The Girlfriend Hour“, schläft, während Kate mit nur mäßiger Leidenschaft einen anderen Kollegen datet.

In Szenen wie diesen kann Maggie Friedmans Serie „Firefly Lane“, die auf einem Roman von Kristin Hannah basiert, feministisch ausgelegt werden, weil aus den Momenten viel Selbstbestimmung spricht. Konterkariert wird dieser Feminismus aber durch immer wieder aufkommende Fremdbestimmung – Kate etwa hadert mit ihrem aufgebauten Familienleben und dessen Ausgang – sowie durch die Instagram-mäßigen Weichzeichnungsfilter, die auf den Gesichtern der Protagonist*innen in den dargestellten Achtzigern liegt. Aber irgendwie muss man wohl neben anderen Frisuren verdeutlichen, in welchem Lebensabschnitt wir uns gerade befinden. Schade, dass das nicht anders ging, und dass Tullys ältere Mutter von ihrer deutlich jüngeren Schauspielerin Beau Garrett gespielt wird und dabei aussieht wie eine Statistin im „Run“-Video der Foo Fighters.

Am beeindruckendsten ist „Firefly Lane“ absurderweise trotzdem oftmals dann, wenn richtige oder falsche Entscheidungen getroffen werden. Wenn die Teenagerin Kate und Tully sich mit einer in zwei Hälften geteilten Kette ihre ewige Freundschaft schwören. Wenn Tully live vor der Fernsehkamera und ohne jede Absprache über Fehlgeburten spricht. Wenn Seans verheimlichte Homosexualität tragischerweise so weit führt, dass er eine Frau heiratet und Kinder kriegt. Wenn in einem schmierigen und leider viel zu oft gesehenen und gehörten #MeToo-Moment der Senderboss Tully die große Karriere und einen dicken Vertrag verspricht, wenn sie ihm, in seinen Worten, „entgegenkommt“ – und sie ihn abweist, das Büro verlässt und die Zuschauer*innen überlegen müssen, wie stark und mutig sie am Ende wirklich war. Denn Karriere, die würde sie ja machen, das war in dieser Szene schon bekannt.

„Firefly Lane“ kann mit seinem Anspruch an Drama und der Darstellung sogenannter starker Frauen durchaus in einer Reihe mit „Big Little Lies“ und „Little Fires Everywhere“ genannt werden, in seiner Umsetzung aber nicht mithalten. Die Zuschauer*innen mögen es trotzdem, die Serie steht aktuell auf Platz 1 der Streaming-Top-Ten von Netflix. Staffel eins endet mit Kitsch, einem Schicksalsschlag – und einem Cliffhanger auf eine hoffentlich kommende zweite Staffel, der in der eigentlich schon mit dem Titel beantworteten Frage mündet: Kann beste Freundinnen wirklich nichts und niemand trennen?

„Firefly Lane“ ist seit 3. Februar 2021 auf Netflix im Stream verfügbar.

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