„Lauter als ein Mähdrescher“


Jedes dieser Bilder erzählt eine Geschichte. Nur welche? Wir haben nachgefragt. Diesmal: mark Lanegan

1 SST

Black Flag, die legendäre Punk-/Hardcore-Band um Henry Rollins, brachte Lanegan zur Musik. Black-Flag-Gitarrist Greg Ginn gründete das nicht minder legendäre Label SST, auf dem schließlich auch Lanegans Band Screaming Trees ihre Platten veröffentlichten.

Black Flag waren meine absolute Lieblingsband. Ich habe sie das erste Mal in der Highschool gehört. Eines Tages beim Nachsitzen lernte ich Van Conner kennen, der später unser Bassist wurde. Der Typ hörte auch Black Flag! Das war großartig, denn ich hatte zuvor nie Leute getroffen, die meine Musik hörten. Später dann hat mich Greg Ginn angerufen, um zu fragen, ob wir nicht zu SST kommen wollen. Im ersten Moment dachte ich: „Da verarscht mich doch einer!“ Keiner aus unserer Gegend machte Alben für SST. Sie waren das coolste Label Amerikas! Das ist immer noch mit Abstand das Aufregendste, was mir in all den Jahren als Musiker passiert ist.

2 The Show Box Theatre in Seattle

Eines der ältesten und bekanntesten Venues in Seattle. Alle Stars der Grunge-Ära haben hier gespielt. Auch heute finden dort noch Konzerte statt.

Ich habe da viele, viele Male gespielt. Er ist mein Lieblingsclub. Und er hat eine lange Geschichte: In den Siebzigern war er sehr angesagt, später wurde ihnen die Konzession entzogen, aber er wurde in den Neunzigern wieder groß. Das ist ein Ort mit ganz viel Energie. Aber trotzdem war es nie mein „Ziel“ gewesen, dort einmal auf der Bühne zu stehen. Einfach, weil ich mir nie solche Ziele gesetzt habe. Für mich ist es immer ein Schritt nach dem anderen gewesen und ich habe mich überraschen lassen. Auch vor meiner Zeit als Musiker habe ich eigentlich immer nur das gemacht, was als Nächstes anstand und was mir Freunde empfohlen haben … Nun, hätte ich irgendwann einen „Plan“ gehabt, wäre ich vielleicht auch erfolgreicher gewesen.

3 Isobel Campbell

Ausgerechnet mit der Ex-Sängerin der zarten Indie-Pop-Kapelle Belle & Sebastian hat der knurrige Lanegan bereits drei Alben aufgenommen.

Sie hat mich damals über mein Label kontaktiert und wollte wissen, ob ich Lust hätte, einen Song mit ihr zu machen. Ich glaube, sie suchte jemanden mit einer tiefen Stimme und hatte meine Musik erst kurz zuvor entdeckt. Ich war hingegen schon lange ein Fan von ihr. Wir haben schließlich entschieden, ein ganzes Album zu machen, nicht nur einen Song. Ich wurde regelrecht mitgerissen von ihrer Energie. Sie schrieb all diese großartigen Songs. Es ist wirklich etwas Besonderes, nicht zuletzt deshalb, weil ich bislang noch keine Songs mit einer Frau eingesungen hatte. Außerdem waren sie sehr anders als das, was ich vorher gemacht hatte. Definitiv ein Höhepunkt meines Lebens als Musiker.

4 Don Draper

In der preisgekrönten TV-Serie „Mad Men“ spielt Jon Hamm den kreativen Kopf einer Werbeagentur in den 60er-Jahren. Untrennbar verbunden mit Don sind seine Zigaretten. Auch Lanegan rauchte jahrelang Kette.

„Mad Men“ ist eine meiner Lieblingsserien! Don Draper, auch bekannt als Dick Whitman. (lacht) Erst neulich haben meine Freundin und ich gegoogelt, wie Don Draper wirklich heißt. Was allerdings die Zigaretten angeht: Ich rauche seit drei Jahren nicht mehr. Obwohl ich dachte, dass ich niemals aufhören kann. Es ist mir unangenehm, das zugeben zu müssen, aber Rauchen war fast meine Identität. Ich habe wirklich den ganzen Tag gequarzt. Heute fühle ich mich so viel besser, es ist unglaublich. Ich habe immerhin 26 Jahre lang geraucht, und ich fürchte, damit habe ich einiges kaputt gemacht in mir.

5 Kurt Cobain

Der Nirvana-Sänger half Lanegan bei dessen erstem Soloalbum The Winding Sheet 1990.

Ich habe mich nie als Teil einer Szene oder Community gefühlt. Ich hatte immer nur eine kleine Handvoll Freunde und manche von denen waren in Bands. Kurt war ein solcher Freund. Wir hatten einen ähnlichen Musikgeschmack und schätzten die Arbeit des anderen. In der Nacht, in der wir uns kennenlernten, spielte ich ein Konzert in seiner Heimatstadt. Er wusste zu diesem Zeitpunkt schon, wer ich bin und was ich mache. So fing das an …

6 Hollywood

Lanegan hat sein neues Album Blues Funeral im 11AD-Studio in Hollywood aufgenommen … also zu Hause, denn er lebt seit 15 Jahren in Los Angeles.

In den vergangenen Jahren war ich dauernd auf Tour. Da war es schön, auch mal zu Hause zu sein. Wir haben das Album in einem entspannten Tempo aufgenommen – nur an einigen Tagen in der Woche, so vier, fünf Stunden am Tag. Es hat sich gar nicht wie Arbeit angefühlt. In meinem Alter habe ich aber auch nicht mehr die Kapazität, so lange am Stück zu arbeiten. (Mark ist 47 – Anm. d. Red.) Als wir anfingen, hatte ich noch gar keine Songs fertig. Ich schrieb also einen, wir nahmen ihn auf und während der produziert wurde, begann ich mit dem nächsten. An L.A. liebe ich übrigens vor allem das Wetter. Der Regen und das Grau-in-Grau in Seattle waren einfach nichts für mich.

7 Mähdrescher

Bevor Lanegan Musiker wurde, jobbte er auf Farmen. Dort kam es eines Tages zu einem folgenschweren Unfall …

Ich bin einen Mähdrescher gefahren, eine Art Fabrik auf Rädern. Als ich gerade Wasser in den Tank nachfüllen wollte, setzte mein Boss den Mähdrescher zurück, ohne zu bemerken, dass ich gerade auf der Rückseite dabei war, die Leiter zu den Tanks hochzuklettern. Bei dem Unfall wurden meine Beine eingequetscht. Noch heute fehlt es mir an Gefühl auf den Innenseiten meiner Oberschenkel. Das Gute an den Mähdreschern war ihre Lautstärke. Ich musste während der Arbeit Ohrenschützer tragen, die so aussahen wie Kopfhörer. Also nutzte ich die Zeit zum Stimmtraining. Wir probten damals ja schon mit den Trees. Ich habe versucht, so laut zu singen, dass ich die Maschine übertöne.

8 Screaming Trees

1985 gründete Mark Lanegan mit den Brüdern Van und Gary Lee Conner sowie Mark Pickerel die Band, die als Pioniere des Grunge gelten, auch wenn sie damit nicht besonders erfolgreich waren. Lanegan begann bei ihnen als Drummer …

Ich habe früher ziemlich viel Marihuana verkauft. Manchmal wurde ich dafür in Naturalien bezahlt. Ein Kunde gab mir ein halbes Drum-Set als Pfand, weil er kein Bargeld hatte. Van sah das Teil, als er mich zu Hause besuchte. Als wir mit den Trees starteten, sagte er: „Dann machst du den Drummer, du hast ja eh dieses Set da stehen.“ Ich hatte null Ahnung, wie man spielt, aber ich sagte zu. Es stellte sich sehr schnell heraus, dass ich es so gar nicht draufhatte am Schlagzeug. Mark, der eigentlich gesungen hat, war hingegen auch ein ziemlich guter Drummer. Also tauschten wir die Positionen.