Mehr Motown, Mehr Enterprise!


Für ihr neues Album nahmen sich Portugal. The Man qua Banddekret vor, eine Soulplatte zu machen. Ein bisschen hat das auch mit Captain Kirk zu tun.

Mit seinem vollen Oberlippenbart, dem Holzfällerhemd und dem Mr.-Spock-Button am Revers der Anglerweste wäre John Baldwin Gourley problemlos in einem 70er-Jahre-Burt-Reynolds-Klamauk untergekommen. Der Sänger und Gitarrist von Portugal. The Man erweckt beim Gespräch im Pressezelt direkt nach dem Auftritt seiner Band beim Southside Festival den Eindruck, als würde er, nun: zumindest ein klein wenig im Gestern leben. Und tatsächlich: Würden ihn seine Kollegen lassen, erzählt der mit seiner Band längst nach Portland, Oregon (der Heimatstadt von Drummer Jason Sechrist) umgesiedelte Alaskaner, würde er im Tourbus rund um die Uhrnur „Raumschiff Enterprise“ schauen. Stattdessen laufen gemütserhellende Comedys ä la „Arrested Development“ und „The Office“. “ Etwas, das unsere Aufmerksamkeit so richtig fordert, würde nicht funktionieren“, so der heimliche Chef der Indie-Rocker.

Wie Gourley, so verströmt auch der aktuelle Sound seiner Band einen starken Retro-Vibe: Das Quartett hat THE SATANIC SATA-NIST, seinem vierten Album seit 2004, einen schweren Soul-Einschlag verpasst – und das war Vorsatz. „More Motown“ lautete der Leitspruch für die Aufnahmen, so Gourley. “ Bisher hatten wir uns jedes Mal, bevor wir ins Studio gingen, vorgenommen, eine lupenreine Soul-Platte zu machen – aber es kam immer etwas, nun ja, anderes heraus. Dieses Mal haben wir im Vorfeld viel Rare Soul und Funk gehört und uns ganz hewusst diszipliniert, Songs mit nicht mehr als drei Teilen zu bauen.“

Wohl nicht zuletzt dieser Vorsatz hat dazu geführt, dass THE SATANIC SATANIST catehyer und tanzbarer daherkommt als alle vorangegangenen Alben der Band – eine nicht unwillkommene Abwechslung. Strapazierende Instrumental- bzw. Improvisationsparts fehlen zur Gänze. Weniger Prog kann auch ein Fortschritt sein. Doch trotz der Reduktion aufs Wesentliche und der Konzentration auf organischen Klang kamen bei der Produktion des Albums auch „moderne“ Hilfsmittel zum Einsatz. Wie auf dem Erstling WAITER: ,YOU VulTWtES!‘ sind auch auf THE SATANIC SATANIST Loops und Samples zu hören – beziehungsweise eben nicht so leicht zu hören: “ Es kommt eben ganz darauf an, was du samplest und wie du mit den Samples umgehst.

Unsere Produzenten sind da sehr geschickt herangegangen und haben einigen neuen Songs auch neue Wendungen gegeben.“

Portugal. The Man gehen den richtigen Weg. Bohrt man tiefer, dann kommen sowohl bei THE SATANIC SATANIST als auch bei John Baldwin Gourley die Anzeichen der Moderne zum Vorschein. Zumindest was „Star Trek“ angeht, ist der End-20er längst im 21. Jahrhundert angekommen: „Den neuen Film habe ich schon drei Mal gesehen. Das erste Mal konnte ich den Kirk-Darsteller überhaupt nicht ausstehen, weil er ganz klar nur wegen seiner äußerlichen Ähnlichkeit zu William Shatner gecastet wurde. Aber beim zweiten und dritten Mal habe ich dann gemerkt, dass der Junge einige Eigenarten Shatners nachempfunden hat. Da gab ich ihm meinen Segen.“

Na, dann kann die Enterprise jetzt ja beruhigt neuen Abenteuern entgegenfliegen. Vielleicht ja auch irgendwann im Tourbus von Portugal. The Man.