A Jethro Tull

Ian Anderson, der uneingeschränkte Kopf der Gruppe Jethro Tull, beweist mit A einmal mehr, daß er, in der von Trends und Moden bestimmten Rockwelt, als Komponist und Interpret ein seltenes Wunder an Konstanz ist. Viel musikalisch Neues gibt es auf A zwar nicht, aber drastische Neuerungen hat sicher auch niemand erwartet. Einzige Veränderung: Schlagzeuger Barriemore Barlow, Pianist John Evan sowie Synthesizermann und Arrangeur David Palmer sind nicht mehr dabei. Aus den Anfangstagen von Jethro Tull (genau seit STAND UP!) ist nur noch Gitarrist Martin Lancelot Barre in der Band. Bassist Dave Pegg, der bereits auf derletzten Europatournee von Tull tür den verstorbenen John Glascock in die Saiten griff, ist erstmals auf Platte zu hören. Am Schlagzeug sitzt der junge Amerikaner Mark Craney und als Gast an den Tasten und der Violine bestimmt ex-UK-Mann Eddie Jobson die Klangfarbe der Achtziger-Ausgabe gleich bei der ersten Zusammenarbeit mit Anderson entscheidend mit.

Wer Jobson von den UK-Platten her kennt, weiß, daß die Zeit der schwülstigen Synthesizer- und Stringarrangements vorbei ist. Jobson spielt seine Synthies frischer, modischer, moderner, setzt sogar Sequenzer ein. Und allein diese Tatsache entstaubt den Tull-Sound bereits ungemein. Und er spielt ein sehr persönliches Piano mit hohem Wiedererkennungswert. Zudem steuert Jobson sein virtuoses Violinspiel bei. Hörbeispiele „Uniform“ und „The Pine Marten’s Jig“.

Anderson hat seine Songs nach bewährtem Muster gestrickt. Ausschließlich rockige Passagen wechseln ab mit akustischen Intros, Chorsätze a-capella mit seinem typischen Spielmanns-Gesang, Barres direkte Sologitarre mit Andersons blubbernder Querflöte. Man hört gradlinige Ohrwürmer und vertracktere Kompositionen. Andersons hinlänglich bekannte Mixtur hat noch immer seinen Reiz.