The Fall – The 27 Points

Die 90er Jahre waren das bisher schwierigste Jahrzehnt in der 33-jährigen Karriere von The Fall. Nachdem 1989 Ehefrau Brix sowohl Mark E. Smith als auch The Fall verließ, wurde die Band von stetigen Line-up-Änderungen und Querelen erschüttert, die sich stilistisch wie qualitativ auf den zahlreichen Alben niederschlagen. Überhaupt ist es schwer, das 90er-Jahre-Hauptwerk von The Fall zu bestimmen: Unter den neun Studioalben finden sich neben guten und stilsicheren (EXTRICATE von 1990) auch einige, die zu Recht in Vergessenheit geraten sind. Da ist es schon sehr interessant, dass Sanctuary mit THE 27 POINTS nun das obskurste Livealbum dieser an sich schon obskuren Periode wiederveröffentlicht.

Bestehend aus Aufnahmen der Jahre 1992 bis 1995, fasst das Doppelalbum die Zeit unter Mitwirkung von Keyboarder und Multiinstrumentalist Dave Bush zusammen. Nun hat Mark E. Smith es sich aber (wie immer) nicht leicht gemacht und neben triumphalen Aufnahmen aus Prag, Tel Aviv und London auch ein paar Studiotracks und Unfälle beigesteuert. So verlässt er bei „Idiot Walkout“ nach nur wenigen Sekunden die Bühne, und bei „Glam Racket/Star“ legt er zwei Versionen des Songs übereinander. Man fragt sich, was der Murks soll, bei „Middle Class Revolt“ und „Bill Is Dead“ triumphiert die Größe wieder, und man lauscht gebannt weiter.

Am Ende hält man, mal wieder, die Quintessenz von The Fall in den Händen: eines der besten oder eines der dilettantischsten Alben aller Zeiten. Oder vielleicht beides. Auf jeden Fall: ein guter Einstieg in Mark E. Smiths 90er-Jahre-Phase.