Various Artists

KEEPING CONTROL (INDEPENDENT MUSIC FROM MANCHESTER)

Cherry Red/Rough Trade (VÖ: 9-6-.)

Was in der Indie-Szene von Manchester zwischen Punk und Postpunk passierte.

Das Set mit drei CDs, zusammengestellt von den Pop-Archivaren Cherry Red, erzählt den ersten Teil der Geschichte von Manchesters Indie-Szene. Wer die weiteren Kapitel kennenlernen möchte, der braucht ergänzend die 2017 veröffentlichte Cherry-Red-Box MANCHESTER – NORTH OF ENGLAND, die den ganzen Bogen vom Punk bis zum Britpop schlägt, also von den Buzzcocks bis Oasis. Die Tracks auf KEEPING CONTROL fokussieren sich auf die Jahre 1977 bis 1981, führen also vom Punk zum Postpunk mit seinen vielen Spielarten zwischen Lärm, Grooves und Niedlichkeit. Der Reigen beginnt auch hier mit den Buzzcocks und ihrem Hit „Orgasm Addict“, für die Szene in Manchester vor allem deshalb eine Initialzündung, weil die Single auch in London gehört und geschätzt wurde.

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Den Schlusspunkt auf der dritten und letzten CD setzen New Order mit „Everything’s Gone Green“ – das ist der Moment, in dem sich der Postpunk formvollendet in Richtung House und Electro transformiert hatte. Damit war der Weg hin zur Rave-o-lution mit ihren Baggy-Trousers bereits angelegt. Eine Stadt, vier Jahre, drei CDs – das klingt nach einem kühnen Plan, nach viel Musik aus einem begrenzten Raum und Zeitrahmen.

Eine autarke Szene mit eigener Sprache

Doch dies ist Manchester: Der ewige Beton, die bedrückende Ausweglosigkeit der Thatcher-Jahre – diese Stimmung schlug den jungen Menschen aufs Gemüt und trieb sie in Keller, wo sie Bands gründeten, mit Haltungen versahen und abenteuerlich-großartige Musik entwickelten. Die Punkbands aus Manchester spielten deutlich ruppiger als diejenigen aus London. Es fehlte ihnen an Mäzenen und Managern, entsprechend kompromisslos gingen die Gruppen wie Slaughter & The Dogs oder The Nosebleeds zur Sache. Kaum hatte Punk den kommerziellen Durchbruch geschafft, entwickelte sich in Manchester eine autarke Szene mit eigener Sprache.

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John Cooper Clarke gerierte sich als Punk-Poet – „I Don’t Want To Be Nice“ heißt sein Track in diesem Set. Ein junger, dürrer, sehr an Literatur interessierter Sänger tappte mit seiner Band Joy Division durch die Dunkelheit; ebenfalls stark von Büchern beeinflusst waren The Fall um den kauzigen, übelgelaunten, großmäuligen Chef Mark E. Smith. Diese großen Namen funktionieren wie Magneten, die einen mit Hilfe dieser Box tief in die Indie-Bubble von Manchester hineinziehen, bis hin zu obskuren Projekten wie Alberto y Lost Trios Paranoias („Fuck You“) oder zum Song „The Music Room“ aus dem spärlichen eigenen Werk des Wunderproduzenten Martin Hannett.

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Zu entdecken gibt es dazu Bands, die außerhalb der Welt dieser herausragend kuratierten Compilation nicht mehr existieren. Ihre Platten sind vergriffen und ihre Ex-Mitglieder machen heute alles Mögliche – nur keine Musik mehr. Nur der Sänger der Garagenrocker Frantic Elevators, der singt auch heute noch. Bei Simply Red. Irre, wie Mick Hucknall damals geklungen hat.

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