Who – Who Are You
Dies ist nicht die Platte des Monats, sondern der Flop des Monats. Ein trauriges Ereignis, denn nie zuvor in ihrer mittlerweile dreizehnjährigen Geschichte haben die Who eine flaue oder gar schlechte Platte herausgebracht. Im Gegenteil: immer waren es die anderen, die Meisterwerke der vier Briten zugrunde gerichtet haben. Klassisches Beispiel: das Konzept-Album „Tommy“, in der Originalfassung der Who ein Meilenstein der Rockmusik, der nachfolgenden aufgemotzten Bühnen- und der noch schlimmeren Filmversion ein Ärgernis. Diesmal indes hat Pete Townshend das Geschäft der Nassauer gleich selbst besorgt und fast alle Titel von „Who Are You“ zunächst stilistisch breitgetreten und dann dermaßen iiberarrangiert, mit Streichern, Bläsern, Keyboards und was-weiß-ich-für-Brimborium überfrachtet, daß man am Ende in der Tat erschrocken fragt: „Who are you“ – wer seit Ihr eigentlich?
Der Weg, den die Who jetzt offenbar eingeschlagen haben, liefert ja schon seit Monaten Gesprächsstoff. Etliche andere übriggebliebene Rockgrößen der sechziger Jahre sind da vorausgegangen – Dylan zum Beispiel und die Stones. Auch sie haben aufgegriffen, was derzeit an Sounds so in der Luft schwebt. Ihr Experiment glückte indes, weil sie nicht zuviel von sich selbst, von ihren Qualitäten, aufgaben. Genau das passierte aber bei den Who: da hat man in Titeln wie „Had Enough“, „Sister Disco“. „Music Must Change“, „Guitar & Pen“ oder „Love Is Coming Down“ zuweilen den Eindruck, als hätten sich Queen und lOcc mit besoffenem Kopf miteinander verlobt. Überall wird da fürchterlich gequält ‚rumgekünstelt und anschließend schnell noch als Alibi ’ne Ladung Power reingeknallt. Und das paßt nicht zusammen, auch wenn die Sache mit der Power bei den Who immer noch verdammt hinhaut.
Die Who tanzen auf (fast) allen Hochzeiten, mimen den master of the universe. Zweimal klappt der Versuch ja, kolossale Sound-Gemälde zu erschaffen – in den Songs „Trick Of The Light“ und „Who Are You“. Aber für eine ganze lange Elpee ist das denn doch ein bißchen dünn…