Scott Matthew, Hamburg, Kampnagel


Der australische Torch-Singer par excellence und die Grausamkeiten der Liebe.

Als nächstes bringt Scott Matthew eine crazy Salsa-Nummer raus, mit Kastagnetten und Trillerpfeifen! Nein, im Ernst: „Heute wurde ich schon wieder gefragt, ob ich immer mit gesenktem Kopf rumlaufe“, sagt Matthew nach dem Konzert, „ich habe hoffentlich zeigen können, dass ich ein fröhlicher Mensch bin, der gern lacht.“ Zu scherenschnitthaft wäre es in der Tat, würde man den Australier auf die fragil-traurige Seite reduzieren, die er in seiner Musik zeigt. Aber wegen dieser Seite sind sie natürlich hier, auf der in Schwarz getauchten Tribüne. Vorn trägtauch alles schwarz: Matthew selbst, die Pianistin, der Bassist und der Cellist könnten aber auch in Papageien-Outfits spielen, so lange sie sich die Intimität ihres Vortrages bewahren. Ob Matthew mit heiserer Stimme gegen Verlustängste ansingt („Amputee“), mit Ukulele der Chemie dankt(„Prescription“)oder in „Ballad Dear“ vom besseren Leben träumt-man findet derzeit außer Antony und Rufus Wainwright kaum wen, der ergreifender über die Grausamkeiten der Liebe singt. Höhepunkt ist das außerweltlich schöne „In the End“, Matthews bekanntester Song. Sie spielen es zwei Mal, weil das Publikum sie nicht von der Bühne lassen will. Matthew rutscht nervös auf dem Barhocker herum und schafft dann Unerhörtes: Wie er sich durch den Jazz-Standard „Everything Happens To Me“, Neil Youngs „Harvest Moon“, und „Total Control“ von den Motels singt, atemlos, nur dem Moment verpflichtet, ist umwerfend. Als er dann noch Joy Divisions totgecovertes „Love Will Tear Us Apart“ klingen lässt, als höre man es zum ersten Mal, kann man sich und ihm nur eins wünschen: Dass er uns noch lange am Dialog mit seinen Dämonen teilhaben lässt.

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