Charlie Sexton


Der Mann mit dem schönsten Gesicht im Musikgeschäft nahm seinen zweiten Anlauf ins Rampenlicht. Charlie Sexton, dessen Backenknochen von seiner Plattenfirma ebenso sorgfältig verkauft wurden wie sein unbestreitbares Talent, wollte sich diesmal nicht dem Vorwurf des Hype aussetzen. Wieder wurde viel Geld ausgegeben – mit dem Resultat, daß diesmal die Rechnung fürs Studio zumindest ebenso hoch war wie für die teuren Mode-Fotografen. Aber man müßte ihn ohnehin auf der Bühne erleben, meinte der leise Lispelnde voller Trotz.

Die Gelegenheit bot sich auf Hollywoods Renommier-Bühne, dem „Palace“. Und da es Samstag war und die Tickets billig, war der Laden im Handumdrehen ausverkauft. Hollywood-Rock wie in den besten Tagen: Alle Mädels in Schwarz, keine Wade ohne Naht, die Absätze mit vorgeschriebener Mindesthöhe. Bei den dazugehörigen („Areyou in a band?“) Boyfriends schwarzes Leder soweit das Auge reicht. Offensichtlich aber überwiegend aus dem Ramschladen „K-Mart“ als aus den Boutiquen der (teuren) Melrose Avenue.

Womit wir auch schon beim Motto des Gigs wären. Im Kaugummi-ArtDeco des „Palace“ kam Sexton leider nicht so gut rüber, wie er wohl selbst erhofft hatte. Der 20jährige Texaner gibt sich auf der Bühne alle erdenkliche Mühe, aber irgendwie klappt’s halt doch nicht so ganz. Zwar fetzte die Musik und ging gut ins Bein, aber das war mehr als deutlich der Verdienst von Sextons siebenköpfiger Band.

Vielleicht liegt’s daran, daß er sich – im Gegensatz zu seinen Verkäufern – den Frontmann selber nicht ganz zutraut, vielleicht hat er’s auch einfach nicht auf dem Kasten. Sein vielgerühmtes Gitarrenspiel jedenfalls, von dem die Plattenfirma so nachhaltig schwärmt, war hinter dem Sound kaum auszumachen.

Dafür wirkt jede Bewegung, jeder Lichtfall auf die Backenknochen, jede scheu gehauchte Bemerkung zum Publikum dermaßen einstudiert und mitunter peinlich prätentiös , daß man automatisch nach dem Fast Forward-Knopf sucht, um ihm und auch uns die Mühe zu ersparen.

Daß hinter all dem aufgesetzten Tand wirklich mehr stecken könnte, bewies Charlie Sexton nur mit Titeln wie „Blowing Up Detroit“ und „Don’t Look Back“ – einem Song, den er selber schrieb und an den er sich fürderhin bitteschön halten sollte.

Daß dem aber an diesem Abend nicht der Fall war, hatten auch die Hollywood-Kids schnell gespannt: Zu Beginn der zweiten Zugabe hatte sich der Laden peinlicherweise deutlich geleert.