Der Seher


Ein Mann blickt durch. Und so arbeitet William Orbit für Madonna und Blur und auch noch für sich selbst.

Madonna nennt ihn das „verrückte Musikgenie“ und ihre „Muse“, und Blur haben ihm den Sprung in die Pop-Avantgarde zu verdanken – William Orbit ist der Produzent der Stunde. Dass er mit 40 endlich so richtig erfolgreich ist, hat er der D-Jane eines londoner Radiosenders zu verdanken: „Diese I : rau spielte ständig meine Remixe. Sie hat meinen Namen ins Bewusstsein einer interessierten Hörerschaft gebracht – und mir vor allem Selbstvertrauen gegeben!“ Dabei ist Orbit schon seit Beginn der achtziger )ahre immer wieder durch ambitionierte Projekte aufgefallen. Angefangen beim experimentellen Pop seiner Band Torch Song über das Dance-Duo BassOmatic bis hin zum Ambient-Lxperiment Strange Cargo. Seine Alben bekamen zwar stets fantastische Kritiken, hatten aber keinerlei kommerziellen Erfolg. Geld verdiente Orbit in erster Linie als Remixer für Leute wie Prince, Sting und Peter Gabriel: „Heute nehme ich keine Remix-Aufträge mehr an. Aber ich habe damals viel gelernt – wie Platten gemacht werden, wie man arrangiert und vor allem, sich in die Musik anderer hineinzuarbeiten.“ Vor drei lahren kam dann die große Wende in Orbits Leben. Blur wurden durch die Radiosendungen aut ihn aufmerksam und baten ihn ins Studio. „Als ich begann, mit den lungs an den Songs für ’13‘ zu arbeiten, wussten sie noch nicht genau, wohin die Reise gehen sollte. Sie wollten gezielt in die Avantgarde, aber das hätte auch ihr Karriere-Aus bedeuten können. Sie sind öfter mal in Panik geraten“, lacht Orbit, „und es war harte Arbeit, ihre musikalischen Experimente zu kanalisieren.“ Zur gleichen Zeit, als Orbit mit Blur im Studio arbeitete, suchte Madonna jemanden, der ihre „musikalischen Visionen“ teilte. Auch William Orbit stand auf ihrer Liste: „Als wir uns dann das erste Mal trafen und über ihr neues Album sprachen, hat es nur so geknallt vor lauter Ideen. Wir sind beide Song-Iunkies, immer auf der Suche nach dem perfekten Song.“ Seitdem sind Orbit und Madonna auf professioneller Ebnene ein Gespann. „Sie ist völlig konzentriert bei der Arbeit“, berichtet William, „und verlangt, dass du sie mit I lunderten von Songideen versorgst. Im Studio arbeitet sie 18 Stunden am Stück – und dann will sie auf eine Parts‘!“ Gut nur, dass Orbit ebenfalls zur Gattung der Workaholics zählt. Gerade ist sein eigenes Album („Pieces In A Modern Style“) fertig geworden: elf Interpretationen von Werken unterschiedlicher Komponisten, von Händel und Beethoven über Satie bis hin zu ßarber oder Gorecki. „Popmusik kann sehr inhaltslos sein „, meint Orbit, „das hier aber sind melodische I lochkaräter. Ich habe ihnen nur einen aktuellen elektronischen Rahmen gegeben. Dabei habe ich Wert daraufgelegt, Werke zu finden, die nicht jeder kennt. Es gibt nämlich schon genügend wunderbare Melodien, die du nur deshalb hasst, weil sie so oft gespielt worden sind.“ Spricht’s und wendet sich wieder seiner Arbeit mit Madonna zu. Ziel der Aufnahmen in London ist es, einen würdigen Nachfolger des Megasellers „Ray Of Light“ zu kreieren. Schon im Frühjahr soll das Werk erscheinen, und Orbit ist voller Optimismus: „Das Album wird explodieren, ich weiß es. Es wird besser, viel besser als alles, was wir bisher gemacht haben.“