Eddie Money


Eddie Money, vor Jahresfrist noch ein Nobody, gibt sich die Ehre. Mit seinen Singlehits „Baby Hold On“ und „Two Tickets To Paradise“ hat er sich in den USA eine gesunde Grundlage für eine noch viel gesündere Karriere geschaffen. Im Vorprogramm von Santana will er im November auch bei uns die Säle in Achterbahnen verwandeln. Denn wo Eddie rockt, da bleibt kein Auge trocken!

Schauplatz: Das Universal Amphitheatre in Los Angeles. Jungstar Eddie Money und Dave Mason stehen Arm in Arm auf der Bühne, singen „Feelin‘ Alright“, und die Menge gröhlt. Newcomer Eddie Money hatte als support für die Mason Band die Kids schon auf Touren gebracht. Kein Wunder, daß Dave ihn nochmal vor das Mikrophon holte. 5000 gut vorbereitete Rockfans sind natürlich auch ein hundertprozentiger Garant für ein gutes Konzert. Die örtlichen Radiostationen hatten Eddies „Two Tickets To Paradise“ so oft gedudelt, daß es sogar schon Postboten und Busfahrer pfiffen. Bis zu 20 mal innerhalb von zehn Stunden war keine Seltenheit.

Zurück ins Amphitheatre. Eddie kommt gleich von der Hinterbühne vorgefegt, seine Band nimmt Position ein und das Geschrei der Fans wird ohrenbetäubend. Das Konzert wird zum dynamischen Happening. Eddie beginnt mit Höchstgeschwindigkeit! Rocktitel wie „Jealousys“, „Gamblin‘ Man“ und der Rhythm & Blues-Klassiker „You’ve Really Got A Hold On Me“ donnern von der Bühne, als würde die Welt demnächst untergehen. 5000 halb heiser gebrüllte Kehlen steuern noch einige Phon hinzu. Die Money-Band mit dem Gitarristen Jimmy Lyon als Frontmann beherrscht ihr Metier souverän. Eddie als optischer und akustischer Mittelpunkt spielt den Derwisch. Er zaubert einen tierischen Song nach dem anderen aus dem Ärmel.

Als Eddie dann noch sein „Baby Hold On“ rausläßt, hat er das Publikum geschafft. Selbst die fliegenden Händler vor der Arena haben alles stehen und liegen lassen, um sich einen Fahrschein ins Rock-’n’Roll-Paradies zu ergattern: „Wer will mit mir auf Reisen gehen? Ich hab‘ allerdings bloß zwei Tickets . . . !“ Und dann nimmt er sie mit ins Land der Rockpower. Und er spielt mit seinem Leben, wenn er sagt: „Ich wette 150 Dollar, daß Los Angeles in der nächsten Woche im Football gegen New York haushoch verliert…“ „I’m A Gamblin‘ Man“! – Los Angeles ist schon wieder auf den Stühlen. Mit der Zugabe gibt er dann sein Innerstes preis: „I Wanna Be A Rock-’n’Roll Star“.

Diesen, für seine Generation typischen amerikanischen Traum, pflegt Eddie schon seit seiner Kindheit. Doch mit Rock’n’Roll war vorläufig nichts. Sein Elternhaus besaß nämlich Tradition. Großvater war bei der Polizei, Vater ist bei der Polizei, und auch der Bruder ist bei der Polizei in New York. Auch Eddie mußte zu den cops. „Ich war allerdings mehr ein Spitzel für die Gegenseite, und sowas kann man in unserem ordentlichen Staat ja nicht unbedingt gebrauchen . . .“ Schon während er als Hüter der Ordnung New YorksStraßenschluchten durchkämmte, spielte er in den Clubs von Manhattan in einer Tanzband Saxophon.

Polizist in New York

„Ich wollte Rockstar werden, dafür mußte ich mit meiner Vergangenheit abrechnen.“ Er hängte den Sheriffstern und die Uniform an den Nagel und machte sich klammheimlich nach Kalifornien davon. Dort traf er seinen heutigen Manager Billy Graham (einen der mächtigsten Promoter in den USA, der auch Santana managt).

Der erkannte Eddies Talent und nahm ihn unter Vertrag. So einfach war das! Der gebürtige Berliner Graham gründete kurzerhand eine Produktionsfirma, nannte sie nach seinem Geburtsnamen „Wolfgang Productions“ und steckte seinen neuen Schützling mit dem Produzenten Bruce Botnick ins Studio.

Als die Platte dann Ende ’77 in die Läden kam, standen vorläufig nur die Mitarbeiter seiner Plattenfirma CBS Kopf. Die boten ihren neuen Superstar wie Sauerbier an, arrangierten Interviews und versuchten mit aller Gewalt, ihn in die Hitlisten zu bringen. Als Eddie mit seiner ersten Single „Baby Hold On“ in den Charts war, rührten sich auch die Kritiker. Doch da war schon alles zu spät. Eddie Money ließ nur noch zu Pressekonferenzen bitten. Auf Parties, die ihm zu Ehren veranstaltet wurden, erschien er erst gar nicht.

Money macht Kohle

Eddie Money hat vorerst geschafft, was er wollte. Er ist derzeit in den Staaten ein kommender Superstar (noch einer?) und ebenso führt er sich auf. Seine zweite Single „Two Tickets To Paradise“ war in Windeseile die Hitparaden hochgeschnellt. „Daß ‚Tickets‘ so ein Wahnsinnshit werden würde, hätte ich mir nicht träumen lassen. Ich mußte sogar extra für Mittelwelle-Stationen eine rockigere und schnellere Version aufnehmen. Kein Mensch hätte überhaupt geglaubt, daß wir von Mittelwelle-Stationen gespielt werden, weil die doch sonst nur Teeniemusik spielen.“

Im Sommer ging Eddie Money dann auf große Amerikatournee als Supporting Act für noch größere Stars. Mittlerweile hat er sich auch wieder etwas beruhigt, sich mit seinem Dasein als Star abgefunden, und als er damals in Los Angeles fünf Tage lang mit Dave Mason spielte, konnte man sogar mit ihm reden. Dave Masons Personal Manager Terry Sachen hatte die kurze Begegnung organisiert, nachdem sich die Plattenfirma inzwischen völlig gegen jegliche Interviews wehrte. Ein Gespräch mit Eddie Money war auch so noch schwierig genug: Erstens war er voll bis unter den Scheitel (mit beidem!), und zweitens war er nach seinem Konzert so aus dem Häuschen, daß es unmöglich schien, einen vollständigen Satz aus ihm herauszuholen. Er bemerkte am Rande, daß er stramm auf seine erste Million zuginge und sich ein Appartement in Oakland bei San Francisco gekauft hätte. Auf die Frage, wo er denn seine musikalische Linie sehe, antwortete er allerdings völlig unmißverständlich: „Einer sagt Rhythm & Blues, der andere erzählt mir was von Blues und Rock’n’Roll. Ich kann euch genau sagen, woher meine Musik kommt, nämlich aus den Hitparaden. Ich habe mein Leben lang immer nur Top 40 Hits gesungen, jetzt mach‘ ich sie selber…!“