Eric Burdon – Konzertbericht


Eric Burdon hat es nach einem Jahr wieder in die Konzertsäle getrieben. Mit dem Rest der Mike Carr Band (dem Keyboardmann Mike Carr selbst und seinem Schlagzeuger Bobby Gien) sowie den beiden Gitarristen Robert Ahwai und Hilton Valentine will er jetzt durch fleißiges Touren seine leeren Taschen wieder füllen.

Trotz der Konkurrenz von Jethro Tull, die am selben Abend in Hamburg spielten, gab es noch genug Burdon-Fans, um die Musikhalle zu füllen. Von denen wanderte ein Teil allerdings bald wieder ab, andere zogen es vor, dem schlechten Sound durch mehrere Wände gefiltert im Vorraum noch etwas abzugewinnen.

Das Konzert war nicht nur enttäuschend, sondern auch peinlich und für einen alten Burdon-Fan ganz einfach traurig. Burdon wirkte wie eine Karikatur, um den abgedroschenen Ausdruck hier einmal anzuwenden. Er hätte mit seinen Musikern erst noch einige Wochen üben sollen, anstatt Hals über Kopf mit der kurzfristig zusammengewürfelten Band loszuziehen. Und dann hätte er vielleicht auch noch einen Techniker gefunden, der in der Lage ist, das mittelgroße Equpiment unter Kontrolle zu halten.

Bei Burdons Anblick konnte man schon Mitleid bekommen. Er stampfte und schlurfte mit seinen kurzen Beinen über die Bühne wie ein Betrunkener, der vor zehn Jahren das letzte Mal auf der Tanzfläche gestanden hat. Es kam vor, daß er den Weg zum Mikrophon unterschätze und den Einsatz verpaßte oder so nah davor stand, daß seine Stimme wie aus einem defekten Lautsprecher ertönte. Auf diese Art und Weise schaffte er alle populären Songs wie z.B. „House Of The Rising Sun“ oder „Bring It On Home To Me“. Und „Tobacco Road“ wurde nur noch zum läppischen Abklatsch der alten Burdon-Version. Schade drum.

Burdon, der sich selbst über die mangelnde Kommunikation zwischen den Musikern der heutigen Generation beklagte, lieferte das beste Beispiel dafür, wie es in seinen Augen eigentlich nicht laufen sollte. Während sich die Gruppe hinter ihm redlich bemühte, tanzte er offenbar auf seiner eigenen Party. Mike Carr, der in Jazz-Kreisen immerhin einen guten Namen hat, saß bescheiden hinter seinen Tasten und konnte sich keine Extravaganzen erlauben. Besonders wohl fühlte er sich bei diesem Showdown wahrscheinlich nicht. Robert Ahwai, der sowieso wegen anderer Verpflichtungen in den Staaten wieder aussteigt, engagierte sich nicht sonderlich, und Hilton Valentine, Gitarrist bei den Ur-Animals, war sehr verkrampft. Er soll später Robert Ahwai ersetzen und spielt jetzt nur so aus Laune mit. Er gab auch offen zu, daß er sich erst wieder hineinfuchsen muss.

Ob sich die neue Eric Burdon-Band noch zusammenraufen wird, kann man nach diesen überstürzten Konzerten beim besten Willen noch nicht beurteilen. Offenbar sind alle in einem Stadium, das jeden Ausweg – egal welchen – willkommen macht. Und alle haben sichjet^t an Eric Burdon gehängt. / Burdon selbst wirkt auf d^et Bühne allerdings auch, als hätte er sich verzweifelt an den erstbesten Strohhalm geklammert. In diesem Jahr seiner Konzert-Abstinenz muß sich bei ihm derartig viel angestaut haben, daß er jetzt alles kopflos und ohne Konzept unter die Leute bringt. Zwischendurch hat er zum Glück nochmal lichte Momente, da hat er das alte Tier wieder unter Kontrolle. Doch was er heute ins Mikrophon röhrt, ist nicht mehr der Protest des unterprivilegierten Jungen der Arbeiterklasse, der ,Jiier raus will“, sondern die Angst des Geschäftsmannes vor dem totalen Ruin. Wenn ersieh nicht zusammenreißt, dürfte es ihm schwerfallen, nochmal auf die Füße zu fallen. Die Frage ist nur, wann er seine neue Gruppe und sich selbst soweit unter Kontrolle hat, daß er mit gutem Gewissen seine geplante Live-LP aufnehmen kann.