Gangsta-Rap
Rap-Stars pflastern den Weg in die Charts mit Leichen. Realität oder Promotion? Egal, Verbrechen lohnt sich -— sehr sogar!
„Six million ways to I die!“ Snoop Doggy Doggs Aufschrei ist keine leere Drohung. Mac-10 Mündungen rauchen in den Hoods von El Lay und Nu Yaak. Täglich. Neu ist nur, daß Blut nun Platten verkauft. Gangsta Rap, Spiegelbild der Realität im Ghetto, oder Markt-Strategie? Snoop Doggy Dogg soll ein Auto bei einem Drive-By gefahren haben und steht vor dem Kadi.
Auf „Serial Killa“ findet die Schießerei musikalisch statt. Platz eins in den Charts. Tupac Shakur: Anklage wegen Mordes an zwei Polizisten -— Platz zwei. Flavor Flav: schwere Körperverletzung -— blieb auf Platz drei hängen.
Wer mit ’ner Knarre auf dem Plattencover fuchtelt, verkauft ein paar Hunderttausend mehr. Aber an wen? Hauptkunden des gewaltsamen Gangsta Rap sind laut Bryan Turner, Chef von Priority Records: „Weiße Mittelschicht-Kids aus gutem Haus, und mittelprächtiger
Schulbildung.“ Verkäufe in den schwarzen Gegenden halten sich in Grenzen. Vielleicht fehlt auch die Kohle. Da stimmt doch was nicht! „Gangsta Rap hat nichts mehr mit unserer Wirklichkeit zu tun“, tönt Rappa KRS-One. „Es ist nur noch Show Business. Wenn alle Gangsta Rapper das Leben ihrer Songs führen würden, wären sie tot oder im Knast.“ Ein Beispiel: Designer-Gangstas wie Onyx, bei denen fehlende Realität durch eine streng gefaltete Stirn und Tätowierung auf dem Schädel ersetzt wird. Shit, schießt Schoolly D. gegen, „für mich war Gangsta Rap ein Ausweg aus dem Ghetto.“ Das Problem —- Schoolly kommt aus einer schwarzen Mittelklasse-Familie.
Den Startschuß für Gangsta Rap feuerte Schoolly D. vor zehn Jahren mit „Sucker Ass Nigger I Shoot You Dead“. Ice-T schießt zwei Jahre später nach mit „Rhyme Pays“. 1989 kommt der Massendurchbruch: N.W.A. schmeißen „Straight Outta Compton“ auf den Markt, Hitsingle „Rick The Police“. Gefickt werden bei den Gangsta Rappern nicht nur die Cops. Frauen sind „Huren“, „Schlampen“ und bestenfalls zum schnellen Oralverkehr geeignet. Ex und Hopp, wie bei N.W.A.: „Findum, Fuckum & Flee“. Die einzige Frau im Gangsta Rap nennt sich bezeichnend „Boss“ und läßt nicht unter Kaliber .45 Magnum ablichten.
Der Gegenstoß findet in den Medien statt. Einige schwarze Radiostationen weigern sich, Gangsta Rap zu spielen, weil auf den Straßen schon zu viel richtiges Blut fließt. Zensur oder Selbstverteidigung!
Auch die Betroffenen nehmen langsam Stellung gegen Gangstas. Rappa Queen Latifah haßt im Radio Brüder, die Worte wie „Bitch „und „Nigga“ verwenden. Eine Koalition schwarzer Frauen hat sich gegen die Gewalt gegen Frauen ausgesprochen. Ein Politiker wie Jesse Jackson kämpft gegen die profitable Verherrlichung der Kriminalität. „Wenn Jesse Jackson deine Musik gut findet, hast du was falsch gemacht“, weiß Schoolly D. Das Problem wird sich ganz von selbst erledigen, meint Rappa-Plattenboss Bill Stephney: „Gangsta Rap wird langsam zur Audio-Version des ,A-Teams‘. Damit wird die Sache zur Karikatur.“