King Kurt – London, Polytechnikum


Auf den Stufen zum Eingang sitzen vier Stunden vor Beginn des Ereignisses zwei Anhänger aus dem Gefolge des Königs und stimmen sich ein: Sie greifen beherzt in mitgebrachte Mehltüten und bestäuben sich gegenseitig von oben bis unten. Dazu trinken sie Starkbier aus Riesendosen per Strohhalm, dann wirkt’s schneller. Ganz offensichtlich geht’s hier darum, so schnell wie möglich einen sitzen zu haben und sich vorher so richtig einzusauen.

Daher wird auch erst gegen zehn aufgespielt, vorher bewirft man sich unter reger Beteiligung der königlich kurtischen Bühnenakteure aufs Fröhlichste. Kurt und seine Mannen zeigen stolz die extremsten Haartrachten, die die Londoner Punkszene je sah,und ähneln dabei allen nur erdenklichen Comicfiguren, von Zippy bis Harpo Marx. Sie schütten kiloweise Mehl ins Volk, so wie hierzulande die Karnevalsprinzen Kamelle.

Dann geht’s ans „sehously drinking“: Trinkfreudige und -feste junge Männer entern die Bühne. Die Kurts schütten Unmassen Bier samt Oder in einen Putzeimer, dem „Durstigen“ wird ein Trichter in den Rachen geschoben und, „One-Two-Three“, verschwindet das Gesöff mehr oder weniger im Delinquenten. Jubel, Jubel, wieder ein Rekord!

Erstaunlicherweise fängt die königliche Kapelle dann tatsächlich an zu spielen, wobei sie sich redliche Mühe gibt, chaotisch zu klingen. Es ist aber nicht zu überhören, daß sie spielen kann, tollste Buschklänge rauschen durch den Saal, und alle vollverklebten Kurt-Fans tanzen dazu den Zulu, ein unglaublicher Anblick! Eine Art Gogo-Funkemariechen-Riege tanzt zum Can-Can Entsprechendes, und Brechts „Mackie Messer“ fehlt ebensowenig wie die Kurt-Hymne „Destination Zulu Land“.

Bananen fliegen bündelweise von der Bühne, die Akteure spielen zwischendurch mit Gitarren und rohen Eiern Kricket, das Publikum dankt’s mit Salven leerer Bierdosen – und alle amüsieren sich königlich bei dieser Mischung aus ausgerastetem Fasching und alberner Sandkasten-Spiele.

„Warum trägst du diesen komischen Regenmantel?“ fragt mich am Ende ein bemehlter Knabe. Warum wohl?