Nach Sharon Osbournes Kritik kontern Kneecap: Sie soll „War Pigs“ hören
„Ihre Tirade ist so lückenhaft, dass sie kaum einer Antwort würdig ist“, beginnt das Trio seine Erklärung.

Die irische Rap-Gruppe Kneecap nimmt kein Blatt vor den Mund. Bei ihrem jüngsten Konzert auf dem Coachella Festival in Kalifornien traten sie direkt ins Rampenlicht einer hoch emotionalisierten politischen Diskussion – und in die Schusslinie prominenter Kritiker:innen wie Sharon Osbourne. Während sich viele Acts bei Festivals auf sichere, massenkompatible Themen beschränkten, entschieden sich Kneecap dafür, ihre Performance mit pro-palästinensischen Botschaften zu versehen.
Die Reaktionen auf die Show ließen nicht lange auf sich warten – unter anderem von Sharon Osbourne, die die Band öffentlich scharf angriff und auf X (ehemals Twitter) forderte, den Musikern die US-Visa zu entziehen. Sie warf ihnen vor, „Hassreden“ zu verbreiten und „terroristische Organisationen offen zu unterstützen“. Hier noch mal in Gänze nachzulesen.
Kneecap fordern: „Beendet den Völkermord“
Mo Chara von Kneecap ließ sich von der Kritik nicht beeindrucken – und konterte mit einem musikalischen Verweis auf Sharon Osbournes Ehemann Ozzy Osbourne. In einer E-Mail an den US-„Rolling Stone“ sagte er: „Ihre Tirade ist so lückenhaft, dass sie kaum einer Antwort würdig ist. Aber sie sollte sich mal ‚War Pigs‘ von Black Sabbath (ihrem Ehemann) anhören.“
Auch die Veranstalter des Nova Music Festivals – dem Ort des Hamas-Angriffs am 7. Oktober 2023 – meldeten sich zu Wort. Sie luden Kneecap zur Nova Exhibition ein, um die Geschichten der Opfer, Überlebenden und Geiseln persönlich zu hören. Eine Antwort auf die Einladung blieb bislang aus.
Stattdessen betonte Mo Chara gegenüber dem US-„Rolling Stone“: „Während wir hier sprechen, werden über 10.000 Palästinenser in israelischen Gefängnissen als Geiseln festgehalten. Viele von ihnen ohne Anklage oder Gerichtsverfahren. Darunter 400 Kinder, die nach internationalem Recht illegal inhaftiert sind. Wie ich bereits sagte, wurden in den letzten 18 Monaten über 52.000 Palästinenser ermordet und über zwei Millionen Menschen in Gaza vertrieben. Wer spricht von den 30.000 unschuldigen Kindern, die in den letzten 18 Monaten in Gaza ermordet wurden? Unsere Botschaft lautet: Beendet den Völkermord. Und beendet die anhaltende illegale Besetzung Palästinas.“
Mo Chara: „Das passiert bei allen unseren Konzerten“
Woran Sharon Osbourne sich störte, ist der Auftritt der Band beim zweiten Festival-Wochenende des Coachella. Auf der Bühne erschienen unter anderem folgende Botschaften: „Israel begeht Völkermord am palästinensischen Volk“ und „Dies wird durch die US-Regierung ermöglicht, die Israel trotz seiner Kriegsverbrechen bewaffnet und finanziert“ sowie „Fuck Israel. Free Palestine.“
Das Publikum reagierte mit lautstarken „Free Palestine“-Sprechchören – laut Kneecap ein immer wiederkehrendes Phänomen bei ihren Shows: „Das passiert bei allen unseren Konzerten. Von Spanien über Schottland und Irland bis Island. Weil die Leute wissen, dass das, was dort passiert, falsch ist. Und darüber wütend sind“, so Mo Chara zum US-„Rolling Stone“. „Die Menge, die bei Coachella ‘Free Palestine‘ skandierte, war eine Botschaft der Solidarität mit den Menschen in Gaza von normalen Amerikanern, die ein Ende des Völkermords wollen. Trotz der Bewaffnung und Finanzierung Israels durch ihre Regierung.“
„Wir sprechen seit unserer Gründung über Palästina“
In einer E-Mail machte Bandmitglied Mo Chara außerdem deutlich, dass ihre Haltung keineswegs neu oder ein kurzfristiger PR-Stunt sei: „Wir haben seit der Gründung der Band bei jedem einzelnen Auftritt über Palästina gesprochen. Lange vor Oktober 2023, da die Unterdrückung und brutale Besetzung Palästinas seit 77 Jahren andauert.“
Dass sie ihre Plattform beim US-Festival nutzten, war für das Trio aus Belfast eine bewusste Entscheidung. Denn, so Mo Chara: „Wir glauben, dass wir die Pflicht haben, unsere Plattform zu nutzen, um auf das Thema Palästina aufmerksam zu machen. Und es war uns wichtig, uns beim Coachella zu äußern. Weil die USA der wichtigste Geldgeber und Waffenlieferant Israels sind, während dieser in Gaza Völkermord begeht.
Wie ich auf der Bühne gesagt habe: ‚Die US-Regierung könnte den Völkermord morgen beenden.‘ Es ist wichtig, dass junge Amerikaner das hören und wissen.“
Für Kneecap geht es dabei um mehr als nur um Meinung – sie sehen sich als Sprachrohr für jene, die im globalen Diskurs ihrer Meinung nach überhört werden würden. Ihre Konzerte seien politisch, ja – aber nie gegen ein Volk gerichtet: „Die Menschen können selbst entscheiden, ob unsere Botschaft antiisraelisch ist. Aber für uns geht es um die widerwärtigen Handlungen ihrer Regierung. Nicht um normale Menschen.“
Die Band will laut Mo Chara nicht missionieren, sondern Bewusstsein schaffen: „Wir wollen, dass die Menschen alles in ihrer Macht Stehende tun, um den Völkermord zu stoppen. Die Menschen können aus unserer Musik nehmen, was sie wollen. Wichtiger ist es, den Völkermord zu stoppen.“
Auf dem Coachella war nicht zuletzt auch die Band Blonde Redhead mit Pali-Tuch, Flagge und aktivistischem Audiomitschnitt aufgetreten.