Perlen mit Patina


Zu gut, um sie zu vergessen, doch zu angestaubt, um sie h eute noch hören zu können

BLUE CHEER: Vincebus Eruptum (1967) Wenn es jemals die echten Spina) Tap gegeben hat. dann waren es Blue Cheer aus San Francisco. Ein Prototyp für später folgende Thrash- und Speedmetalbands, klingt ihre beste LP „Vincebus Eruptum“ heute immer noch wie die Mutter aller Metalplatten. BUFFALO SPRINGFIELD: Again (1967) Obwohl sie nicht den vielleicht bekanntesten BS-Titel „For What It’s Worth“ enthält, ist „Again“ mit Stükken wie „Mr. Soul“, „Expecting To Fly“ oder „Broken Arrow“ doch die beste LP der Band. Gegründet durch Steve Stills und Neil Young, hielt es sie nur knapp zwei Jahre lang zusammen, bis sich 1969 aus ihr Crosby, Stills & Nash entwickelte. Hippie counterculture at its best.

BIG BROTHER & THE HOLDING COMPANY: Cheap Thrills (1968) Dahinter steckt natürlich Janis Joplin und niemand anderes. Auf dem gleichnamigen Debütalbum, aber noch sehr viel deutlicher auf dem Zweitling „Cheap Thrills“ offenbart sich eine Bluesstimme, wie sie die Welt — zumindest von einer weißen Sängerin — noch nicht gehört hat.

LEONARD COHEN: The Songs Of Leonard Cohen (1968) Cohen, der 1954 mit der Countryband The Buckskin Boys seine künstlerische Karriere begonnen hatte, war zum Zeitpunkt seiner Debüt-LP immerhin schon 34. Seine gefühlvollen Gedichtvertonungen („Suzanne“. „Sisters Of Mercy“, „So Long Marianne“) trafen mit ihrer Liebe/ Verlangen/Tod-Thematik genau den Nerv der Jasmin-Generation. AL KOOPER: Super Session (1968) Kooper spielte diese LP zusammen mit Mike Bloomfield und Steven Stills ein, nachdem er sich bereits mit Arbeiten für Bob Dylan („Highway 61 Revisited“), The Blues Project und Blood, Sweat & Tears einen Namen gemacht hatte. Kommerziell ein Überraschungserfolg (Gold in Amerika), ebnete „Super Session“ den Weg für die danach aus dem Boden sprießenden „Supergruppen“ ä la Blind Faith. SPIRIT: Spirit (1968) Als sich Spirit im „goldenen Sommer“ 1967 zusammenfanden, war Drummer Ed Cassidy immerhin schon 36, dafür war sein Zieh-Sohn an der Gitarre. Randy California, dessen Mutter er später ehelichte, gerade einmal 16. Spirit machten MusiJi wie niemand anders, eine einzigartige Mischung aus Psychedelic Folk, Blues und Jazz, und ihr Debütalbum war einer der musikalischen Höhepunkte der Hippieära.

OTIS REDDING: The Dictionary 04 Soul (1966) Trotz so hervorragender Alben wie „Otis Blue“ oder „The Soul Album“ bleibt „The Dictionary Of Soul“ auf jeden Fall der Klassiker. Otis Redding, der Meister der Sweet Soul Music. interpretiert auf diesem Album solche Perlen wie „Try A Linie Tenderness“, „My Lover’s Prayer“ oder „Fa-Fa-Fa-Fa-Fa (The Sad Song)“. Ein unsterbliches Talent.

BYRDS: Younqer Thon Yesterday (1967) Trotz des Albumtitels waren die Byrds zum Zeitpunkt ihres vierten Albums „Younger Than Yesterday“ schon etwas kantiger und selbstbewußter geworden, das folkige Jingle Jangle der ersten drei LP’s war aussagekräftigeren Themen und musikalischen Strukturen gewichen.

JEFF BECK: Truth (1968) Eine einmalige Besetzung (Beck, Rod Stewart. Ron Wood, Nickv Hopkins) und eine einmalige Mischung aus Bluesrock, Psychedelic und Heavy Metal. Wenn Rod Stewart und Ron Wood nicht ein Jahr später die Band in Richtung Faces verlassen hätten, wäre hier später vielleicht eine echte Konkurrenz zu Led Zeppelin entstanden.

YARDBIRDS: Roger The Engineer (1966) Bei den Yardbirds sind Eric Clapton, Jeff Beck und Jimmy Page in die Lehre gegangen. Auf diesem Album (ihrem zweiten) sind zwar nicht die gesammelten Greatest Hits versammelt, doch die ursprüngliche Song-Zusammenstellung und vor allem das vom Rhythmus-Gitarristen Chris Dreja nach bester British-Art-School-Manier gezeichnete Originalcover machen „Roger The Engineer“ trotzdem zu dem einen Yardbirds-Album, das man haben muß.

JOHN MAYALL WITH ERIC CLAPTON: Bluesbreakers (1966) Zusammen mit den Yardbirds war John Mayall eine der Galionsfiguren des britischen Bluebooms der 60er. Eric Clapton. gerade die Yardbirds verlassen, etablierte sich mit Stücken wie „All Your Love“ oder „Ramblin‘ On My Mind“

zum Gitarren-Gott und verhalf dem zwölf Jahre älteren Mavall zu größerer Berühmtheit.

TRAFFIC: Mr. Fantasy (1967) Traffic war eine der intelligentesten Gruppen der Endsechziger. Die Kombination Steve Winwoods mit Chris Wood. Jim Capaldi und Dave Mason produzierte ein Amalgam aus Blues, Psychedelia und fernöstlicher Mystik, das genau in die Zurück-aufs-Land-Bewegung der damaligen Zeit paßte. ANIMALS: Animal Tracks (1965) Dreckigster Newcastle-Bluesrock: Die Fünferbande um Eric Burdon galt zu ihrer Zeit nicht nur in Europa, sondern auch in den USA als eine der musikalisch interessantesten britischen Bands. „Animal Tracks“ war bereits ihr drittes Album und enthält in der besser zusammengestellten US-Version solche Dauerbrenner wie „We Gotta Get Out Of This Place“ oder“.Don’t Lei Me Be Misunderstood“.

DEEP PURPLE: Shades Of Deep Purple (1968) Deep Purple, die 1968 mit ihrer Hardrock-Fassung von Neil Diamond’s „Hush“ auf die Szene traten, hatten mit ihrer Musik offensichtlich auf eine ungeheure Marktlücke gestoßen, denn wenige Jahre später konnten Jon Lord. Richie Blackmore und Co. der Welt bereits das exzessive Rockstar-Leben mit Rolls-Royce. Kaviar und mittelalterlichen Schlössern vorfuhren. „Shades Of Deep Purple“, das ungeschliffene Debüt der Band, zeigt die Engländer noch in ihrer jugendlichen Unschuld.

TIM BUCKLEY: Happy/ Sad (1969) Der 1947 in Washington/D.C. geborene und 1975 an einer Überdosis ums Leben gekommene Tim Buckley hat es trotz seines absoluten Status als Kritikerfavorit nie zu kommerziellem Erfolg gebracht. Die exzentrische, problembeladene und musikalisch immer hochambitionierte Songpoesie des Ex-Folksängers ist am besten auf „Happy/Sad“ dokumentiert.

SYD BARRETT: The Madcap Laughs (1969) Kult. Kult und nochmals Kult. 1965 schloß sich Syd Barrett drei Architekturstudenten an, zusammen gründeten sie Pink Floyd. Er schrieb deren frühe Hits sowie die meisten Songs vom Debütalhum „The Piper At The Gates Of Dawn“. Doch der labile Gitarrist wurde mit dem plötzlichen Erfolg nicht fertig, stieg aus, verschwand und meldete sich schließlich mit „The Madclap Laughs“ zurück, einem der kultbehaftetsten, jedoch mit Sicherheit am seltensten gehörten Alben der Rockgeschichte.

TEN YEARS AFTER: Undead (1968) Auch wenn die meisten Platten der britischen Blues-Revival-Combo mit ihrer Fixierung auf superschnelles Gitarrenspiel inzwischen bereits reichlich Patina angesetzt haben, bleibt ihr Live-Epos „Undead“ noch ihr repräsentativstes Album.

JOHNNY WINTER:

Johnny Winter (1969) Für sein Label CBS war der texanische Blues-Albino Johnny Winter 1969 das bis dahin teuerste Signing der Firmengeschichte. „Johnny Winter“ ist und bleibt eines der besten White-Blues-Alben aller Zeiten.

FAMILY: Music In A Doll’s House (1968) Obwohl der Band um Roger Chapman außerhalb von Europa nie der große Durchbruch beschieden war. galt sie lange Jahre als Live-Attraktion. Die Family-LPs aus den Jahren 1968 bis 1973 haben inzwischen reichlich Staub angesetzt, einzige Ausnahme: der Erstling „Music In A Doll’s House“.

PRETTY THINGS: S.F. Sorrow (1968) Nicht die Stones, nein, die Pretty Things galten Mitte der Sechziger als der wahre Elternschreck: Phil May, Dick Taylor und Co. ließen Mick und Keith wie Chorknaben aussehen. Ihr Konzeptalbum „S.F. Sorrow“ war zwar ein kommerzieller Flop, beeinflußte jedoch eine Menge anderer Bands wie z. B. die Who, die sich angeblich bei ihrem „Tommy“-Album daran orientierten.

THEM: The Angry Young Them (1965) Das erste echte musikalische Lebenszeichen des jungen George Ivan Morrison. Auch wenn das Album neben dem unverwüstlichen „Gloria“ keinen anderen guten Titel enthalten hätte, wäre es in die Rockgeschichte eingegangen. Aber mit „Mystic Eyes“, „I Like It Like That“ oder „Go On Home Baby“ enthält es noch mehr Edelsteine der Belfaster Band.

ROD STEWART: Gasoline Alley (1970) Rod the mod at his best: Viele behaupten, Rod Stewart sei in seinen Anfangsiahren, bevor er L.A. und die Models entdeckte, auf seinem künstlerischen Höhepunkt gewesen. „Gasoline Alley“ mit Klassikern wie „Only A Hobo“ oder „Joe’s Lament“ ist eines der besten Beispiele dieser frühen Periode.

KING CRIMSON: In The Court Of The Crimson King (1969) Ian McDonald’s extensiver Einsatz des Mellotrons und Robert lripp’s lauschiges Gitarrenspiel spiegelten 1969 den ultimativen Kiffertraum wider. Bei Parties hörte man die gesamte LP an einem Stück und berauschte sich an der surrealistischen Poesie der fragilen und ellenlangen Songs.

THE SMALL FACES: Odgen’s Nut Gone Flake (1968) Mit seinem Tabakdosen-Cover und seinen Wortwitz-Anspielungen auf die Welt der Drogen und der Mod-Generation ist das Konzept-Album „Odgen’s Nut Gone Flake“ der cleverste „Sergeant-PepperV‘-Fake der Popmusik-Geschichte. Steve Marriott’s Vermächtnis.

BLIND FAITH: Blind Faith (1969) Die Mutter aller Supergruppen wurde 1969 ins Leben gerufen, nachdem sich die Cream-Musiker Eric Clapton und Ginger Baker mit dem Ex-Traffic-Wunderkind Stevie Winwood und dem Family-Bassisten Rick Grech zusammenfanden. Trotz einiger Längen bleibt dieses Album immer noch musikalisch interessant.

SOFT MACHINE: Soft Machine (1968) Kompliziert: Robert Wyatt, Michael Ratledge und Kevin Ayers veranstalteten Fusion-Rock der intellektuellen Sorte, eine esoterische Mischun aus Free Jazz. Rock und Avantgarde, die gewöhnlich bei psychedelischen Dia-Shows im Artslab genossen wurde und damals durchaus ihren Stellenwert besaß.

JEFFERSON AIRPLANE: Surrealistic Pillow (1967) In ihren Anfangstagen standen sie mit ihrem Aushängeschild Grace Slick praktisch für Haight Ashbury und die Kultur, die dieser San Franciscoer Straßenzug verkörperte: Rebellion, kommunales Leben, psychedelische Drogen und Rock’n’Roll.

CREEDENCE CLEARWATER REVIVAL: Green River (1969) Eigentlich die ultimative Singles-Band, doch sind auf all ihren Alben so viele Single-Hits versammelt, daß man nicht mit einem Greatest-Hits-Album auskommt. Will man auch nur annähernd den bodenständigen Swamp-Rock des kalifornischen Quartetts nachvollziehen, ist man auf diesen Dreierpack an Original-LP’s (mit „Willy And The Poor Boys“ (1969) und „Cosmo’s Factory“ (1970) angewiesen. Da hat man dann alle Hits, von „Bad Moon Rising“ bis „Travellin‘ Band“, von „Down On The Corner“ bis „Run Through The Jungle“, von „Commotion“ bis „Who’ll Stop The Rain“.

THE BAND: Music Front Big Pink (1968) Als die Hawks Ende der 60er aus dem Schatten von Bob Dylan hervortraten und sich als seine Ex-Begleitband schlicht als „The Band“ formierten, hatten sie bereits rund zehn Jahre Rock’n’Roll-Erfahrung hinter sich. Mit „Music From Big Pink“ legten sie den Grundstock für eine der immer noch beeindruckendsten Karrieren der Rockgeschichte.

QUICKSILVER MESSEN-GER SERVICE: Quicksilver Messenger Service (1968) John Cipollina’s Quicksilver Messenger Service, 1966 gegründet, waren 1967/68 die ungekrönten Könige von Haight Ashbury, keine andere Band symbolisierte den LSD-getränkten Mystizismus der damaligen Zeit besser als sie.

SIMON & GARFUNKEL: Bridge Over Troubled Water (1969) Als die beiden New Yorker Paul Simon und Art Garfunkel ihr mit mehr als 10 Millionen Verkäufen erfolgreichstes Album herausbrachten, hatten sie schon einige Jährchen professioneller Erfahrung hinter sich: 1957 hatte das Duo als „Tom and Jerry“ mit harmlosen Popsongs begonnen. Auch wenn sich „Bridge Over Troubled Water“ mit seiner unschuldigen Songwriter-Romantik („El Condor Pasa“, „Cecilia“) heute auch schon wieder eher harmlos anhört, traf das Album damals dennoch einen verbreiteten Geist der Zeit.