Chrome – Red Exposure

Eigentlich sollte man auf diese LP einen Sticker mit der Aufschrift „Vorsicht! Gefahr!“ kleben, denn wer zufällig zu ihr greift, der kann leicht einen Hörschock erleiden. Ganz besonders Informierte kennen natürlich Chrome, die mit RED EXPOSURE ihr fünftes Album vorlegen und das erste, das offiziell in Deutschland erscheint. Man könnte jetzt ganze Abhandlungen über Musikterminologien schreiben und versuchen, Chrome gerecht zu werden. Die Annäherung erscheint in jedem Fall schwierig. Leuten, die bereits Erfahrungen mit der Pop Group oder Pere Ubu gesammelt haben, wird das leichter fallen, als anderen, die trotz New Wave immer noch irgendwo den konventionellen Faden suchen.

Chrome verweigert sich den gängigen Kompositionswegen, aber auch den Aufnahmetechniken – sie vernebeln und verdunkeln ihr Tun mit sinistrer Freude. Wenn man sich mühevoll eingehört hat, kommt langsam Licht in die Sache; Struktur, Klarheit – wenn auch eine bewußt diffuse. Die Kalifornier erarbeiten Atmosphären, die irgendwo im Raum hängen, sich aber schlecht orten lassen, die man jedoch nicht ignorieren kann, weil sie penetrant ins Ohr vorstoßen (trotz bisweilen extrem reduzierter Lautstärke). Statt Gesang nur mysteriöses Flüstern, statt durchlaufender Linien, aufgelöste Akkorde, verfremdet, verzerrt, verlangsamt. Das übt stellenweise, denn von einzelnen Stükken will ich hier nicht berichten (die sind zwar aufgeführt, aber nur im Gesamtklang wirkungsvoll), Faszination aus, stellenweise aber auch Langeweile, weil man befürchtet, daß die Chrome sich irgendwann mal gänzlich in ihrem technokratischen Labor verirren und nicht mehr den Ausgang finden. Der Ausgangspunkt für ihre Experimente ist dem der frühen Psychedelic-Bands nicht unähnlich, und da gibt es ja auch manch trauriges Beispiel, wie so was enden könnte. Noch allerdings verträgt unsere uniforme Musiklandschaft Chrom’sches Flickwerk.