Gillan – Future Shock

Hat vielleicht jemand zufällig ’ne herrenlose Seele umherirren sehen?

Wenn ja: es könnte die sein, die der Gillan-Musik offensichtlich fehlt. Da ist erstmal der Chef, dessen Stimmbänder das „Child-In-Tirne“-Geschrei zu Deep-Purple-Zeiten einfach nicht gut überstanden haben. Seine Gehilfen verkaufen sich unter Wert als Nebendarsteller, obwohl der Hauptakteur längst im Rauch über dem Wasser verdampft ist. Während ich schreibe: dritter Durchlauf. Es bleibt alles starr, kalt. (Rita kommt rein. Begrüßung: „Das ist ja üüübel!“) Die Songs wirken blutarm, ein Synthesizer pupt und quengelt im leidigen Verein mit unattraktiven Riffs einer ständig sich selbst reproduzierenden Sirenengitarre. „The Lucitania Express“ endlich geht los, volle Fahrt, dann ist es schon wieder aus. Textlicher Gipfel: „I was a wild man / Drinking, smoking and messing around with women / Lots ol women / No, not swimming, women“.

Kommentar überflüssig. Der 60er-Hit „New Orleans“ (who needs it?) beschließt eine mehr als mäßig erste Seite. Es bleibt unisono. Bis auf „If I Sang Softly“. Da versuchen die fünf Kernigen gar eine Portion Romantik: mit dermaßen abgetakelten Floskeln, daß Gillans „I want to be inside you“ so lieblich wirkt, wie das innige Flehen eines Zeigefingers, der endlich wieder in die Nase will. Am Rande bemerkt: fünfzehn Seiten aufwendiges Blend-Booklet, aber die Platte selbst unbetütet in Kratzpappe. Dies ist kein FUTURE SHOCK, sondern einer von hier und heute. Mein letzter Wille(n): Rock ohne Gillan.