Justin Hines& The Dominoes – Just In Time

Es bietet sich an, diese beiden Platten zu einer Rezension zusammenzufassen, da es in beiden Fällen um Reggae-Gesangsgruppen mit einem Leadsänger geht.

Über Justin Hines weiß man eigentlich nicht viel. 1964 hatte er seinen ersten Hit, „Carry Go Bring Come“, Vor etwa zwei Jahren erschien „Jezebel“. sein erstes Album mit den Dominoes. Und 1975 hat Bob Marley in einem Interview mit dem „Black Music“-Magazin gesagt: „Da gibt es noch eine gute Gruppe auf Jamaica, von der niemand etwas gehört hat: Justin Hines and The Dominoes… Sie sind mit dem Land verbunden, und ihre Stimmen sind gut und stark.“ Tja, und eben das mit den Stimmen, das ist so eine Sache. Mag der Bob Marley ja recht haben, daß sie gut und stark sind, aber gerade Justin Hines Stimme paßt irgendwie nicht zur Musik. Die Musik selber ist nämlich sehr gut. spielt doch die Creme der jamaikanischen Studiomusiker.

O.k., es ist nichts besonderes – eben Reggae – aber schöner Reggae. Wie gesagt, es hapert am Gesang. Justin Hines Stimme ist mir einfach zu wenig, zu dünn, zu leer. In „On Broadway“, einem umgeschriebenen Leiber/Stoller-Titel, mit dem George Benson im letzten Jahr einen Hit hatte – alle anderen Stücke sind von Justin Hines – wird das besonders deutlich, und zusätzlich singt er hier noch mit so einer Art Sinatra-Vibrato, und das ist nicht so schön. Und die Dominoes singen mir manchmal mit allzu silberhellen Stimmen.

Aber es gibt trotzdem ein paar gute Stücke: „Let’sRock“, „One Bird In The Hand“ oder „Groovin“ “ vor allem.

Das Gesangstrio Toots and The Maytals, bestehen aus Leadsänger Fred „Toots“ Hibbert und den beiden Backgroundsängern Jerry Mathias und Raleigh Gordon, ist eine der am längsten bestehenden Reggaeformationen, die Jamaica vorgebracht hat: Vor vierzehn Jahren nahmen sie ihre erste Platte unter dem Namen „The Vikings“ auf, und sie waren es, die mit dem 1968 eingespielten Titel „Do The Reggay“ die Bezeichnung Reggae für diese Musikrichtung einführten. Toots – es erübrigt sich, über die beiden anderen zu reden, denn Toots ist die beherrschende Figur – hat schon früh einen Weg eingeschlagen, den er auf „Pass The Pipe“ weiterführt: Er macht Reggae, der zwar stark von Soul und Gospelmusik beeinflußt ist, sich aber nie zuweit von den Roots entfernt. Das wichtigste ist Toots‘ Gesang, der in seiner souligen, sehr warmen und ausdrucksstarken Art jedem Stück eine eigene, besondere Note gibt. Die Musiker, u.a. Ranchie McLean (b), Winston Whright und Ansei Collins (keyb.), spielen eine nicht allzu große Rolle, aber die Musik ist entspannt, einfach schön. Anspieltips: „Feel Free“, „No Difference Here“ in einer längeren und besseren Version als auf dem neuen Reggae-Sampler „One Big Happy Family“ und vor allen Dingen „Get Up, Stand Up“ (nicht das von Bob Marley; Toots hat alle Titel selber geschrieben); ein langes Stück mit einer sehr einfachen Melodie, die einen sofort gefangennimmt.

„Pass The Pipe ist eines der schönsten Reggae-Alben seit „Kaya“ von Bob Marley. 3 (Justin Hines) 4 (Toots)