Matthew Friedberger – Winter Women / Holy Ghost Language School

Rückwärts ist die Strophe gesungen, zerschnitten der Loop, gequält die Gitarre, aber der Mann vermag auch handfesten Britrock zu spielen und die saccharinsüße Popmelodie zu singen. Im Universum von Matthew Friedberger kann all das und noch viel mehr auftauchen, manchmal alles zur selben Zeit. Bei den Fiery Furnaces kam es dann immer auf das Wie? und das Wieviel? an.

Das gilt auch für Friedbergers Solowerk: Es gibt Tracks hier, die am Overkill der Effekte und Breaks förmlich zerbrechen, manchmal sägt der Musiker an den Grundfesten seiner Stücke und hinterlässt einen Haufen Abfall. Dem Urheber all dieser Operationen am lebendigen Leibe des Pop eine gewisse Eitelkeit zu unterstellen, geht nicht zu weit, er versucht sich im experimentellen Eklektizismus ja als Popgenie zu verwirklichen. Dabei haben Friedberger und seine kongeniale Partnerin und Schwester Eleanor das Spiel mit den Elementen in den letzten Jahren an die Grenze dessen getrieben, was wir noch Pop nennen. Ob Pop sich erst in dieser Zerreißprobe erneuert, wer weiß?

Auf dem ersten der beiden jetzt in Deutschland veröffentlichten Alben gönnt Friedberger sich immer wieder Auszeiten vom überambitionierten Spiel: WINTER WOMAN ist eine Ode an die Sixties und deren melancholische Momente geworden und erinnert an die besten poppigen und barocken Songs der Furnaces. H0LY GHOST LANGUAGE SCHOOL will dann schon wieder Grenzen einreißen, und was eine Rockoper aus dem Hause Friedberger so alles mit sich bringt, weiß man spätestens seit REHEARSING THE CHOIR. Der Furnaccs-Songwriter hat sein Rock- und Pop-Freakout vertont, wir hören ausgetriebene Skizzen auf kaum geländegängigen Keyboards, Spoken-Word-Passagen vor Electro-Splittern. Viel zu viel, viel zu wenig ausgearbeitet.

WINTER WOMEN / HOLY GHOST LANGUAGE SCHOOL erschien ursprünglich 2006, war aber kaum erhältlich, weil die Vertriebsfirma mehrmals wechselte. Thrill Jockey hat die Platten jetzt wiederveröffentlicht, mit zwei neuen Songs auf jeder CD und neuem Artwork.

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