Siouxsie & The Banshees – Los Angeles, Whisky


Ich hoffe, daß irgendjemand für uns eine Menge Geld locker macht und uns unter Vertrag nimmt,“ maulte Siouxsie, als die Talent-Scouts anfingen, sich Notizen zu machen und der Rest des Publikums auf die Bühne starrte, in Erwartung irgendeiner Sache, die jedenfalls nicht passierte. Siouxsie And the Banshees spielten zum ersten Mal in Los Angeles. Am ersten Abend vermittelte die Band (die immer noch auf der Suche nach einem US-Deal ist) den Eindruck, als würde sie nur eine geschäftliche Verpflichtung absolvieren. Die anderen beiden Gigs fielen dann besser aus.

Trotzdem lief eine für hiesige Verhältnisse seltsame Zeremonie ab. Ein flüssiger, sanfter, aber unbeständiger Sound und dahingleitende Melodien schienen sich ohne ersichtlichen Antrieb ineinander und voneinander fortzubewegen; unterbrochen durch gelegentliche Adrenalinschübe, die mittels poppiger Intervalle ins Publikum gingen. Das brachte die LA-Clique wenigstens hin und wieder einmal zum Schaukeln. Siouxsie selbst tanzte dagegen die meiste Zeit wie ein menschlicher Korkenzieher über die Bühne; eine seltsame, desperate Choreografie! Ihr Schattenboxen mochte sich gegen den (in den Staaten immer noch hartnäckigen) Mythos richten, daß Debbie Harry und Chryssie Hynde den Weg für Frauen in die Rockmusik bereitet hätten.

Siouxsie jedenfalls war einfach fesselnd. Ihre Musik ist gleichzeitig depremierend und erhebend; aufdringlich wie auch distanziert; voll klingend, aber trotzdem steril wie das Behandlungszimmer beim Zahnarzt. Die neue Band klang kühl und kontrolliert, wobei Siouxsie auf der Bühne raste.

Sie spielten Songs von KALEIDOSCOPE, einige auch von SCREAM; „Hong Kong Garden“ und „Switch“ – die inspiriertesten von allen. „Christine“ erkannte schließlich jeder, denn in bester LA-Manier wurde der Song gerade von morgens bis abends im Rundfunk gespielt (endlich!). Ein paar Zuschauer versuchten tapfer zu tanzen. Wild und in brillanter Form ließ die Band ihre manische, metallische Version von „Helter Skelter“ heraus, die legendäre Hymne vom WHITE ALBUM der Beatles. Für Hollywood übrigens recht angemessen, obwohl wir daran zweifeln, daß Charles Manson – hätte er statt der Beatles-Version diese hier gehört sich nur auf’s Mitsingen beschränkt hätte. Die Band bedachte uns noch mit „Happy House“ (…with your sunshine and fun and everything), ließ sich dann aber an keinem Abend zu einer Zugabe überreden.

Es war kein Sieg auf der ganzen Linie. Wir alle wußten von diesem starken Band, welches Siouxsie Sioux mit ihrem Publikum verbindet und haben wohl gemerkt, daß es seine Zeit braucht, um so etwas aufzubauen. Es ist nicht einfach da, sobald du in Los Angeles mit einer Flasche Sonnenöl eintriffst. Es war doch überraschend, auf jemanden zu treffen, der allem so distanziert, zurückhaltend und oft auch desinteressiert gegenübersteht. Trotzdem hat es Spaß gebracht ihr zuzusehen; es war faszinierend, ihr zuzuhören. Und nach der Reaktion des Publikums zu urteilen, wird Siouxsie hier bald ebenso aufgenommen wie jede andere populäre amerikanische Rocksängerin – und das sogar, obwohl ihre Songs unter der Dusche nicht so leicht nachzusingen sind wie die von Pat Benatar und Debbie Harry.