Album der Woche

DIIV

Is The Is Are

Captured Tracks/Cargo

Auf dem lange angekündigten OSHIN-Nachfolger geben die New Yorker ihrem Sound zwischen Dream Pop, Post-Punk- und Krautrock-Reminiszenzen einen dunkleren Anstrich.

Siebzehn Songs, verteilt auf eine Doppel-LP, drei Jahre Verspätung, das sind eher ungewöhnliche Eckdaten für ein Album, auf das der größte Teil der schnelllebigen Pop-Welt nicht unbedingt ganz besonders sehnsüchtig gewartet hat. Schließen lassen sie doch vor allem auf zweierlei: große Ambitionen, große Probleme.

Doch der Reihe nach: Als DIIV um Songwriter Zachary Cole Smith im Sommer 2012 ihr Debüt auf dem New Yorker Dream-Pop-Spezialistenlabel Captured Tracks veröffentlichten, war nicht abzusehen, was für schräge Wendungen die Vita dieser Band noch nehmen sollte. OSHIN ist ein grundsolides, bisweilen etwas plätscherndes, in seiner träumerischen Eleganz jedoch an vielen Stellen auch umwerfend schönes Album. Ein Debüt, das jedenfalls klar erkennen ließ, dass hier jemand sehr genau weiß, wie so was geht: große Songs zu schreiben. Krautrockig groovend („Air Conditioning“), mit dunkler Post-Punk-Grandezza („Oshin [Subsume]“), zumeist jedoch in zuckriger Dream-Pop-Manier (u.a. „Sometime“). „Würde man die fünf großen Hits dieser Platte als EP veröffentlichen, man könnte von einem perfekten Tonträger sprechen“, schrieb der ME damals. Ein vielversprechender Start. Ein Start, der dann jedoch bald von anderen Meldungen überdeckt wurde: Zachary Cole Smith, der eine Beziehung mit Model und Sängerin Sky Ferreira begann. Zachary Cole Smith, der ein gewaltiges Drogenproblem zu haben schien. Zachary Cole Smith, der mit Ferreira auf dem Weg zu einem Auftritt in einem Wagen ohne Zulassung mit Heroin und Ecstasy von der Polizei festgenommen und später zum Entzug verdonnert wurde. Die bereits für 2013 angekündigte Veröffentlichung des Nachfolgers rückte immer weiter nach hinten, Smith berichtete von Inspirationsproblemen und Antriebslosigkeit; rein gar nichts hätte er 2013 schreiben können: „I was getting fucked up all the time“, sagt er.

Tatsächlich war es im Endeffekt wohl die polizeiliche Maßnahme, die den heute 31-Jährigen wieder in die Spur brachte. In eben jene Spur, die ihn nach einem Entzug im Frühjahr 2014 peu à peu in die Richtung von IS THE IS ARE führte, einem Album, das in seinem Klangbild deutlich dunkler ausfällt als das Debüt. Laut Smith nachhaltig inspiriert vom übellaunigen Sonic-Youth-Zweitling BAD MOON RISING, dürfen die Gitarren auf IS THE IS ARE nun auch vermehrt zerren, sägen und dräuen, was diesem Album ausgesprochen gut tut (wunderbar etwa: „Mire [Grant’s Song]“, „Dust“ oder das finale „Waste Of Breath“). Zum Noiserocker oder gar zum Avantgardisten wird Smith damit natürlich nicht. Seine Profession liegt nach wie vor im melodischen, ätherischen, hypnotischen Segment, in den filigranen, verhallten Arpeggios, in der Repetition. Dream Pop, Post-Punk, Krautrock, das sind die Koordinaten, zwischen denen DIIV sich auch auf IS THE IS ARE am liebsten bewegen. Mal in Form einer geradezu kokett unverhohlenen Verbeugung vor Neu! und deren pulsierender, stoisch nach vorn strebender Motorik („Is The Is Are“), mal in Form einer kühlen, verwunschenen Soundlandschaft, zu der Sky Ferreira als Gast lasziv ins Mikro spricht, am liebsten aber in Form von schier endlos um den Beat kreiselnden Gitarren .

DIIV würden immer verdrogte Musik machen, egal unter welchen Umständen, sagt Zachary Cole Smith. „That’s just how my mind works.“ Wenn sie weiterhin so klingt, wie auf diesem sehr gekonnt ausbalancierten, jederzeit kurzweiligen und stetig wachsenden Album, soll einem das nur recht sein.