Das nächste Slut-Album kommt im Januar 2008. Wir haben die Band bei der Arbeit im Studio besucht.


Durch die Toreinfahrt, in den Aufzug, Türen auf, und man ist am Ziel. So wie Clarissa von Anstettens Gäste in „Verbotene Liebe“ mit dem Lift immer direkt bis ins Wohnzimmer fuhren, landet man im Kreuzberger Studio Wong gleich im Konferenzraum. Im Gang, der zu den Sofas und der kleinen Küche führt, hat jemand zwei Eintracht-Frankfurt-Schals an die Heizungsrohre geknotet: Man fühlt sich sofort wie zu Hause. Schon kocht der Kaffee, Mobiltelefone vibrieren, wieder öffnen sich die Aufzugtüren: Slut, neben (hüstel) Bonfire der populärste „Exportschlager“ Ingolstadts, sind gekommen, um ihr neues Album Still Number One aufzunehmen, die Platte nach dem Rechtsstreit um Brecht, der für die Band einen guten Ausgang nahm: Die EP Songs Aus Die Dreigroschenoper hat sich hervorragend verkauft.

Bassist und Journalist Gerd Rosenacker ist das gesprächigste Mitglied der etwas scheuen, „eher kleinstädtisch veranlagten“ Gruppe, die in der Donaustadt lebt und es schön findet, wenn man sich mal zufällig beim Metzger trifft. Rosenacker thematisiert zunächst die kleine Produzenten-Odyssee: „Wir hatten die „Dreigroschenoper“ ja mit Tobias Levin in Hamburg gemacht und waren vom Ergebnis alle sehr begeistert. Für die neue Platte wollten wir uns an ein Experiment wagen und Olaf Opal mit hinzunehmen, der unsere beiden letzten Albengemischt hat. Opal und Levin mochten sich auch privat und wollten schon immer mal zusammen arbeiten. Schon nach ein paar Tagen in Levins Electric-Avenue-Studio in Hamburg mussten wir allerdings einsehen, dass das Experiment, mit zwei Produzenten zu arbeiten, misslungen war. Es gab unterschiedliche Philosophien, sowohl zwischen Levin und Opal als auch zwischen uns und den Produzenten. Es ist viel zu viel diskutiert worden, man hatte den Eindruck, dass die ganze Sache auf einen Kompromiss hinausläuft – was wir auf keinen Fall wollten. Mit dabei war auch Oliver Zülch, quasi Olaf Opals Engineer. Der war für uns ein ruhender Pol, der immer kühlen Kopf bewahrte. Also dachten wir: Gehen wir eben nach Berlin und nehmen die Platte mit Zülch allein auf. Und das machen wir jetzt gerade.“

Zülch, ein fiebriger Typ, der aussieht wie Moritz von Uslar, hat gerade das neue Ärzte-Album produziert. Aber zurück zur Hauptsache: Wir bekommen sieben neue Songs (darunter „Odds And Ends“, Better Living“ und „Say Yes To Everything“) in unfertigem Zustand zu hören, allesamt schon jetzt detailverliebter und vielseitiger als die auf dem 2004 recht gewöhnlich drauflosrockenden Vorgänger All We Need Is Silence, der Sänger Christian Neuburger auch nicht mehr so gut gefällt. „Musikalisch gesehen gehen wir weg von dieser Bass-Schlagzeug-Gitarren-Geschichte“, bestätigt er. „Die können gern dazukommen, aber davon abgesehen möchten wir diesmal noch viele andere Instrumente ausprobieren: Akkordeon, Mundharmonika, Blase); vielleicht Streicher. Und allgemein gilt: Wenn es nichts zu sagen gäbe, dann hätten wir keine neue Platte gemacht.“

Vor der Veröffentlichung im Januar 2008 noch ein bescheidener Hinweis: Prahlerisch ist der Albumtitel nicht gemeint. Das Lied dazu geht nämlich so: „Whatever it takes to get numb / I’ll still be number one.“ Und länger bei der Plattenfirma Virgin als jeder Promoter und A&R sind Slut dann übrigens auch.

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