David Cassidy: ‚Ich bin nicht Little Jimmy Osmond….!‘


Hamburg ist an diesem Tag eine graue, verregnete Stadt. Am Morgen hat es noch geschneit mitten im Sommer!!! Wie soll man da in die richtige Stimmung kommen einen California-Sunshine-Typ wie David Cassidy zu interviewen?

Aber sei’s drum: an diesem lausigen Morgen ist er da. Endlich. Unter grösster Geheimhaltung war David zu Aufnahmen für den ‚Musikladen‘ nach Deutschland gekommen. Die Abschirmung ist gelungen, nur zwei Mädchen stehen vor dem repräsentativen Portal des ‚Atlantic‘ Hotels; Kameras schussbereit, Fotoalben und LP-Covers unter dem Arm. Sie frieren … hoffentlich lohnt sich die Warterei für sie – und für mich. Ich habe einen Platz im Journalistenbus (der uns samt prominentem Gast nach Bremen bringen soll) ergattert. Einigermassen gespannt wartet man auf David. Einige Lästermäuler finden sich schnell – einige gutherzige Verteidiger (meist weibl. Geschlechts) kontern alle Angriffe auf ihren Liebling mit bösen Blicken.

Ich denke mir bloss: ‚Rock me baby‘, wollen hören was David zu sagen hat.

DIE NASE VOLL VON KEITH PARTRIDGE

Da ist er!! Blue Jeans, Siloerstiefel, Sonnenbrille (!), dezentes Make-up und ein freundliches ‚Good Morning‘ für ledermann auf den Lippen.

‚ Tür zu!!‘ (draussen klicken die Kameras) David setzt sich in die letzte Reihe, winkt und lächelt nach draussen.

Als er sich wieder umdreht, ist das Lächeln verschwunden. ‚Furchtbares Wetter…“ beginne ich unverfänglich unser Gespräch.

„Ja, schlimm, ich komme gerade aus Hawaii…“ (David schaut ein wenig verdrossen aus… aber geschäftsmässig kommt er zur Sache: ‚What do you want to know?“ ME: Eigentlich wüsste ich ganz gern‘ mal, wie du auf die Idee kamst Musik zu machen, Platten aufzunehmen … David: So ungefähr mit fünfzehn hatte ich ne Menge Freunde, die Gitarre spielten. Wir jammten‘ oft zusammen, hauptsächlich spielten wir Bluesstandards. B.B. King, und Beatles.

ME: Richtig, die Beatles, was bedeuteten sie dir?

David: Sie waren so der Soundtrack, der meine Jugend untermalte. Ich war zwar nie ein kreischender Maniak, ich habe auch kaum Konzerte besucht, aber die Beatles-Musik war schon wichtig für mich.

ME: Bekannt geworden bist du zunächst als Schauspieler, als Keith Partridge … brav, wohlerzogen, eine Wonne für alle Moms und Dads … David: Ich hab‘ die Rolle übernommen, weil ich schauspielern wollte wie meine Eltern – nicht weil die Serie mir zusagte. Ich hatte selbst zum Schluss die Nase gehörig voll von Keith Partridge. Ich will nicht mehr mit ihm verglichen werden.

ME: vor etwa einem Jahr konnte man ja darüber einiges in der Presse lesen … David: Möglich – jedenfalls war ich es satt, dass die Leute mich als etwas ansahen, was ich nicht bin – nicht mehr wahr. (David) Keith hat mich bis in die Alben hinein verfolgt. Auf ‚Cherish‘ und Rock Me Baby‘ hat der Produzent von ‚Partridge-Family‘ noch kräftig mitgemischt…

‚DAS ERSTE ALBUM, HINTER DEM ICH VOLL STEHE‘ ME: Wie ist das jetzt, wie war es bei ‚Dreams are nothin‘ more but wishes

David: Es ist das erste Album hinter dem ich voll stehe . .

ME: …voll stehe‘, hinter Fever‘?

David: Maja, aber was ist mit den anderen Tracks? Ich habe mich für das Album wirklich aufgestellt, habe die Musiker zusammengeholt. Songs komponiert, die Arrangements gemacht .

ME: Okay, okay… Dies ist deine zweite Welttournee. Soll sie, wenn Du sagst, dass du dich verändert hast, einen Abschluss, oder einen neuen Anfang darstellen?

David: Beides. Einmal ist es wahrscheinlich das letzte Mal, dass ich als Keith Partridge alias David Cassidy auftrete. Andererseits will ich mich mit dieser Tournee bei meinen deutschen Fans bedanken. Ich werde wohl die Konzerte mitschneiden lassen und daraus ein ‚Live‘-Album zusammenstellen. Das wollte ich früher eigentlich nie tun, aber jetzt ist. glaube ich, die Zeit dafür reif.

ME: Und was wird der ’neue Anfang‘, was willst du tun? David: Meine Musik machen Ich will spielen, Spasshaben vielleicht mal wieder länger Ferien machen. Ich bin ziemlich erschöpft.

ME: Werden deine Fans, zumal die jüngeren, den Wandel mitmachen, was glaubst du?

David: Ich weiss nicht… Ich werde weiter Platten machen. Wenn sie gekauft werden: O.K. Wenn nicht: auch O.K. Weisst du, ich bin nicht mehr siebzehn, ich bin vierundzwanzig. Ich bin nicht Little Jimmy Osmond. Ich werde meine Musik machen, und wie mein Publikum aussieht, wird sich finden. Mich stört’s nicht, ob die Leute 12 oder 45 Jahre alt sind, ob sie dick sind oder dünn. Ich spiele in erster Linie für mich selbst – und wenn sich Leute finden, die zuhören wollen und Spass haben: ‚Great!

ME: Okay, viel Glück David – und danke für das Gespräch.

30 MADCHEN BLEIBEN ZURÜCK

Wir sind angekommen. David verschwindet in der Garderobe, die ‚Musikladen‘-Kulisse, wird ausgeleuchtet eine halbe Stunde spater können die ersten Klappen fallen. David bringt ‚Rock me Baby-lässig routiniert, im ganzen nicht gerade sensationell: Es sind eine ganze Menge Mädchen da, die gebannt an seinen Lippen hangen, als er als zweite Nummer How can. I be sure‘ singt. David hat sich dazu umgezogen und sieht nun im Glitter-besetzten, weissen Tuxedo ganz nach spätem Elvis aus. Was soll’s: die jüngsten seiner Verehrerinnen kennen Elvis wahrscheinlich gar nicht – aber sie lieben David!!! Zum Schluss gibt es einige Worte und Autogramme für die Fans, und schon ist David wieder verschwunden. Die etwa dreissig Mädchen bleiben zurück . . . Haben sie ihn zum letzten Mal so erlebt wie sie ihn kennen? Werden sie ihm auch weiterhin treu bleiben? How can he be sure …