Dream Syndicate


„Ich bin mit Rock ’n ‚ Roll aufgewachsen, indem ich Creedence Clearwater Revival aus einem Transistorradio hörte, das unter meinem Kopfkissen lag. Das ist die beste Art, um Musik zu entdecken. Leider ’sehen‘ die Leute heute zuerst einen Song beim MTV-Kanal und gehen dann raus, um sich die Single zu kaufen. Das nimmt die ganze Leidenschaft.“ Sagt Steve Wynn. Sänger und Songschreiber der kalifornischen Gruppe, deren Religion nichts weiter als die Gitarre ist.

Wynn trifft Ende der 70er an der University of California, wo er englische Literatur belegt, auf seine Kommilitonin Kendra Smith. Wynn (Gitarre) und Smith (Baß) gründen die Suspects, spielen für kurze Zeit bei den Icons, dann geht Kendra nach LA, während Wynn in diversen Formationen sein Gastspiel gibt (darunter The Long Ryders und 15 Minutes, die eine frühe Version des Dream Syndicate-Titels „That’s What You Always Say“ veröffentlichten).

Dann endlich, im Oktober ’81, gründen Wynn, Smith und Leadgitarrist Karl Precoda The Dream Syndicate, deren Repertoire sich hauptsächlich aus langen, dichten Gitarren-Improvisationen zusammensetzt. Als Frau Smith den Schlagzeuger Dennis Duck rekrutiert (von der LA-Band Human Hands), gewinnen die anderen Selbstvertrauen. Man merkt, daß sich die endlosen Jam-Sessions mit der Gitarre in reißende Songs umwandeln lassen – dank Dennis, der dafür das Fundament legt.

Ihre erste EP bringen die vier Kalifornier auf einem eigenen Label heraus (Down There Records): vier Songs blasen schmutzigen, weißen Krach; zwei rauhe Gitarren mit Akkordharmonien machen heulendes Feedback. Rhythm & Blues mit weißem Soul-Einschlag.

Chris Desjardins, Sänger der Flesh Eaters, hört die Platte und vermittelt einen Vertrag mit dem LA-Label Ruby Records. Chris D. produziert das Debüt-Album THE DAYS OF WINE AND ROSES (’82).

Die rohen Gitarren-Attacken zeigen ihre Vorbilder bei Jimi Hendrix, CCR und Neil Youngs Crazy Horse; die Atonalität und die minimalistischen Akkord-Strukturen verweisen auf frühe Velvet Underground. Und Wynn, der in seinen Texten beeinflußt ist vom schottischen Philosophen Thomas Carlyle und von Bob Dylans „Tombstone Blues“, schreibt über traumatische Zusammenbrüche und sexuelle Brutalität. Ein brillantes Heavy-Metal-Album mit Psycho-Kicks.

Kendra Smith verläßt die Gruppe, Dave Provost kommt als neuer Bassist und Sandy Pearlman als Produzent für das zweite Album MEDICI-NE SHOW (84). Pearlman, bekannt für seine Arbeit mit dem Heavy Metal der Dictators, Blue Öyster Cult und Clash, glättet die Ecken der Gitarren-Feedbacks und gibt der Band einen relaxteren Sound. Die wühlende Dynamik der Gitarren gehört mit der Sex-und-Gewehr-besessenen Wynn-Lyrik zum Interessantesten, was seit dem Rocky Erickson-Hirnblues von drüben zu uns gekommen ist.