ELO – Frankfurt, Festhalle


Es gibt Gruppen, die sind/ waren anerkanntermaßen wichtig für die Entwicklung der Pop/Rockmusik. Andere wiederum nehmen sich vor allem selbst wichtig. So das Electric Light Orchestra, verkörpert durch Maestro Jeff Lynne. ELO gehört zu den Formationen, die unerklärlicherweise Superstar-Status genießen – und deren ganzes Tun, so scheint’s, darauf ausgerichtet ist, den eigenen Mythos zu pflegen. Sie machen sich rar, scheuen die Öffentlichkeit – und im Vorfeld neuer LPs und Tournee wird generalstabsmäßige Geheimniskrämerei betrieben.

Versucht man nun, die Leistung der Musiker mit ihrem Gehabe in Einklang zu bringen, stößt man zwangsläufig auf eine erhebliche Diskrepanz zwischen Schein und Sein. Zugegeben: Wer auf antiquierten Pop steht, wird an ELO seine Freude haben. Nur: Im weiten Feld der seichten Popmusik sind (z.B.) ABBA gründlicher; ehrlicher ohne Pseudo-Anspruch und aufgesetztes Science Ficüon-Konzept („I Wish I Was Back In 1981“ – ja wo sind wir denn?).

Allein die Tatsache, daß man den Streichersatz auf Geiger Kaminski reduziert hat und seine Kollegen jetzt synthetisch erzeugt als auch der Verzicht auf das gigantische Raumschiff-Bühnenbüd (dafür zahlt eine Riesen-Digitaluhr den Countdown, eine rollende Blechbüchse sorgt für An- und Absage) bedeutet noch lange nicht, daß man dem Rock’n’Roll wieder nahe gekommen ist – wie Bev Bevan TIME verstanden wissen will. Im Gegenteil. Mit Liedchen wie „The Way Life’s Meant To Be“ erfüllt man eher das landläufig als deutsches Phänomen verstandene Schlagerklischee. Würde die Band in Zukunft ihren Schwerpunkt dorthin verlagern, man könnte sie ohne Bedenken auf Bädertournee schicken, ohne die Befürchtung hegen zu müssen, auch nur einen Rentner aus seinem Strandkorb zu vertreiben.

Ein sicherlich nett gemeintes „Tribute To John Lennon“ geriet zur schwülstigen Keyboard-Orgie mit Schnipseln aus „Imagine“, „Nowhere Man“ und „Across The Universe“. Und mit „A Day In The Liefe“ enttarnen sie sich vollends und machen deutlich, welch Geistes Kind die Ursprünge vieler ihrer Kompositionen sind. Denn wenn an ELO etwas genial ist, dann Lynnes gut getarnter, dennoch offensichtlicher geistiger Diebstahl.