Für & Wider – Madsens Texte – lebensrettend oder banal?


Welcher Dämon hat dich, werter Albert Koch, bloß besessen, als du anlässlich des letzten Madsen-Albums deliriertest: „Sebastian Madsen drückt mit seinen Worten die Verlorenheit und die Hoffnungen nicht einer Generation, sondern der ganzen Menschheit aus“? Bei Texten, die so tiefgründig sind wie Pfützen? Kaum mehr als aneinandergereihte Binsenweisheiten: Wo’s dunkel wird, wird’s auch wieder hell, mal geht’s rauf und mal geht’s runter, grad noch kalt, jetzt wieder warm usw.usf.-heiliger Gott der Einfalt, halte ein! Okay, wenn ich eine 13-jährige Schülerin wäre, deren größtes Problem es ist, samstags nicht so lange ausgehen zu dürfen wie meine beste Freundin, vielleicht wäre ich „betroffen“. Aber alle, die ihren Kopf nicht nur für Frisurenexperimente herumtragen, müssen resignieren: Weil da, wo man sich Phantasie, Wahnsinn und Inspiration erhofft, doch nur die schnöde Realität, Poesiealbum-Weisheiten und Plattitüden warten. Leider.

Es tut mir nicht leid, liebe Simone Deckner, ich mag Madsen. Ich mag vor allem Sebastian Madsens Texte, weil sie mir mehr über mein Leben erzählen, als alles von Jens Lekman und der gesamten schwedischen Songwriter-Pest. Nein, ich bin nicht 13 Jahre alt, und ich bin keine Schülerin. Madsenmusik drückt archaische Gefühle, Hoffnungen und Sehnsüchte aus. Und die beziehen sich nicht auf ein bestimmtes Geschlecht oder eine bestimmte Altersgruppe. Ich weiß: Madsen mögen wird in den Kreisen der Indie-Boheme als „uncool“ gewertet. Es trägt nicht zum Distinktionsgewinn bei. Aber das ist mir egal. Hörer zu polarisieren ist nicht die schlechteste Fähigkeit, über die eine Band verfügen kann. Aber diese leidenschaftliche Ablehnung, die Madsen entgegenschlägt, erinnert mich daran, wie Tocotronic und Blumfeld am Anfang von sesselfurzenden Altrockern als „Pennälerbands“ diskreditiert wurden. Später freilich wollten dann alle alles schon immer gewusst haben.